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Über Videospiele und Trost - KURT-Kolumnist Malte Schönfeld entdeckt beim Zocken von Elden Ring Parallelen zu psychischen Erkrankungen

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 07.04.2022
Über Videospiele und Trost - KURT-Kolumnist Malte Schönfeld entdeckt beim Zocken von Elden Ring Parallelen zu psychischen Erkrankungen

„Elden Ring“ ist ein Action-Rollenspiel, das in einem Dark-Fantasy-Setting spielt. Für viele Gamer gelten die Spiele des Entwickler-Studios FromSoftware als das Beste, was es gibt. KURT-Kolumnist Malte Schönfeld hat’s natürlich schon ausprobiert. Und Erstaunliches entdeckt.

Foto: Sora Khan/Unsplash

Freitagabend nach der Arbeit treffe ich bei meinem Freund in Gifhorn ein. Wir haben den Termin schon vor Wochen vereinbart. Wir freuen uns diebisch. Ein kurzer Spaziergang zu Rewe, wir kaufen Energydrinks, Cherry Coke, Mate. Um uns bis oben hin mit Koffein volllaufen zu lassen. Die Nacht wird lang werden. Denn heute ist das PlayStation-Spiel „Elden Ring“ veröffentlich worden.

Mein Freund und ich, wir kennen uns seitdem wir mit fünf Jahren das erste Mal zusammen gegen den Ball getreten haben. Doch es ist nicht nur der Fußball, der uns verbindet: Wir haben gemeinsam unsere Jugend an 18. Geburtstage verschwendet, Rock-Konzerte und Electro-Festivals besucht und vergewissern uns regelmäßig in rührselig-langen, fast peinlichen Gesprächen, dass es uns gutgeht. Und wir teilen die Passion der Videospiele. Der Release von „Elden Ring“ ist der Grund, weshalb ich jetzt bei ihm auf dem Sofa sitze und den Drehverschluss der Club Mate öffne.

„Elden Ring“ ist ein Action-Rollenspiel, das in einem Dark-Fantasy-Setting spielt. Für viele Gamer gelten die Spiele des Entwickler-Studios FromSoftware als das Beste, was es gibt: Sie eint eine düstere, morbide und karge Welt. Mit seiner Spielfigur läuft man durch giftige Sümpfe, Ratten verseuchte Kanalisationen, gothische Kathedralen und Berge aus Asche, um Silberne Ritter, feuerspeiende Drachen und schrecklich entstellte Wesen zu schlachten. Man wird allein in diese Welt geschmissen, bis zur letzten Minute, bis zum Endgegner bleibt man es. Auf dieser Tour de Force kann man nur wenigen Charakteren vertrauen, und sogar von den wenigen fallen einem manche noch in den Rücken. Man ist nicht mehr lebendig, aber auch noch nicht tot. Wie im Fegefeuer. Stirbt man im Kampf, muss man wieder von vorne anfangen.

Die Spielreihe – und so verhält es sich auch mit „Elden Ring“ – ist eine Metapher für psychische Erkrankungen, vor allem für Depressionen, das liest man immer wieder. Es gibt Depressive, die ihren seelischen und körperlichen Zustand in diesen Spielen wiederfinden. Hat man einen schweren Kampf verloren, und davon gibt es in dieser Welt viele, wird man zurückgesetzt. So wie Depressive einen Schub bekommen, um immer wieder aufs Neue dagegenhalten zu müssen. Um nicht unterzugehen.

Die Charaktere im Spiel durchleben ewige Pein, sie sind gefangen an dunklen Orten der Verdammnis. Die Sonne scheint selten, und wenn sie doch manchmal scheint, ist sie blutrot. Träume, Albträume, Wahnsinn – niemand ist in den FromSoftware-Spielen davor geschützt, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kraftlos schleppt man sich durch diese faulende, trostlose und zugleich so gefährliche Welt, immer wieder scheitert man an den einfachsten Dingen.

Diese Welt zeigt einem auch, dass es eigentlich kein Gut und kein Böse gibt. Es gibt nur Gründe, warum sich ein Monster so verhält, wie es sich verhält: Die einen haben ihre Liebe verloren und sind trunken von Rachegelüsten, die anderen haben an etwas Übernatürliches geglaubt und wurden enttäuscht, wieder andere haben sich schuldig gemacht und auf Gnade gehofft. Man lernt, dass ein Monster nicht als Monster geboren wird.

In einem Kommentar unter einem Video habe ich von einer Person gelesen, die einen guten Freund an die Depression verloren hat. Bei ihm zu Hause lagen diese Spiele, die ihm so viel bedeutet hatten, weil er sich verstanden fühlte. Die Person hat daraufhin die Disc in die Konsole gesteckt und selbst gespielt, und dabei immer das Gefühl gehabt, der Freund sitze neben ihm. Der rettende Trost kann in vielen Geschichten erzählt werden.


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