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Über die WM und Glühwein: KURT-Kolumnist Malte Schönfeld findet, der Fußball muss sich dringend von Rummännern, Machtgeprolle und Geldgeilheit befreien

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 29.11.2022
Über die WM und Glühwein: KURT-Kolumnist Malte Schönfeld findet, der Fußball muss sich dringend von Rummännern, Machtgeprolle und Geldgeilheit befreien

KURT-Kolumnist Malte Schönfeld sieht die Auswirkungen der Veränderungen im Fußball auch auf unseren Sportplätzen in Gifhorn und im Landkreis.

Foto: Pexels/Pixabay

Sind Sie glücklich mit der winterlichen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, also Gegenpressing und Glühwein?

Seit der WM-Vergabe 2010, Bestechungsvorwürfe inklusive, wird über die Arbeitsbedingungen der Arbeitsmigrantinnen und Migranten gesprochen. Die Frauen arbeiten als Hausangestellte, bis zu 16 Stunden am Tag, bleiben unbezahlt und werden nicht selten sexuell missbraucht. Die Männer arbeiten an Straßen und Stadien, bis zur totalen Erschöpfung oder zum Tod. Der Diebstahl des Ausweises entpersonalisiert sie komplett. Denn Phantome können sich öffentlich nicht wehren.

Die Fifa, also der Fußball-Weltverband, soll an der WM in Katar mindestens 6 Milliarden US-Dollar verdienen, rechnet Amnesty International vor. Mittäter gibt‘s überall. Wir kennen ja alle noch Uli Hoeneß, inzwischen 70 Jahre und Ehrenpräsident des FC Bayern München. Kam wegen Steuerhinterziehung in Haft, gab dafür den sogenannten Medien die Schuld. Zwischzeitig soll er um die 500 Millionen Euro auf einem Schweizer Bankkonto geparkt haben. Ein guter Deutscher, der deswegen auch kein Problem mit dem effzehbayerischen Sponsoring von Qatar Airways hat. Einem Kritiker, der energisch auf die Menschenrechte in Katar hinwies, knallte er im Oktober auf der Jahreshauptversammlung entgegen: „Das ist der Fußballclub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International.“ Danke auch.

Im Winter werden wir wieder unseren narzisstischen Halbgöttern bei ihrer Bewegungstherapie zuschauen dürfen. Zu ihnen gehören Cristiano Ronaldo, Neymar, Lionel Messi – alle drei nehmen es mit der Steuer nicht ganz so ernst, die beiden Erstgenannten waren dazu verwickelt in Verfahren wegen Vergewaltigung. Wird gern mal vergessen.

Stille herrscht auch in Frankfurt am Main. Dort liegt die Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes. Von den Funktionären hört man wenig Selbstreflexion – oder die anderen korrupten Weltmeisterschaften seit 2006. Auch die sonst so redseligen Kimmichs, Müllers und Neuers halten den Ball erstaunlich flach. Ganz auf Verbandslinie. Keiner dieser dekorierten Sportler hat den Arsch in der Hose, zu boykottieren. Würde ja einen Imagegewinn bedeuten. An den Bannern in den Kurven ist nämlich klar zu sehen, was der Fan von der Katar-WM hält.

Warum erzähle ich Ihnen das alles? Weil man die Auswirkungen auf unseren Sportplätzen in Gifhorn und im Landkreis sieht.

Nachwuchsspieler jubeln genauso wie ihr Vorbild Cristiano Ronaldo, spielen genauso egoistisch und fühlen sich persönlich herausgefordert, wenn der Trainer sie auswechselt. Tja, Mannschaftssport. Schon in den untersten Spielklassen im Herrenbereich sieht man, wie mit Schiedsrichtern und Linienrichtern umgegangen wird: 15-jährige Assistenten werden an der Linie von 50-jährigen Trainern angeschrien, weil sie beim mächtigen Uli gesehen haben, wie man die Kleinen durch die Gegend schubst. Soll das etwa normal sein?

Und 20-jährige Bezirksliga-Spieler fragen bei einem neuen Verein als erstes, wie hoch die Aufwandsentschädigung ist, so als müssten sie in Otterfing ein Pferdegestüt durchfinanzieren.

Typen wie Uli Hoeneß, Cristiano Ronaldo und auch Thomas Müller machen den Fußball kaputt. Der Fußball – vor allem auch der Amateursport – muss sich dringend von dem Rummännern, dem Machtgeprolle und der Geldgeilheit befreien.

Ich werde es nicht schaffen, zu boykottieren. Denn ich bin Fußball-Fan. England – Iran und Dänemark – Tunesien gehören mir. Weiß aber nicht, wie lange noch.


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