Kunst
Sie bekämpfen den Fluch der Unsichtbarkeit: Drei Künstlerinnen stellen noch bis Ende September im Gifhorner Rathaus aus
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 26.07.2023
Sie setzen sich für Chancengleichheit ein: Tanja Schacht (von links), Annette Hoffmann, die Künstlerinnen Maike Remane, Natascha Engst-Wrede und Anna-D. Franz sowie Sevdeal Erkan-Cours.
Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer
Frauen verdienen im Vergleich zu Männern bei gleicher Arbeit immer noch viel weniger Geld. Das Statistische Bundesamt vermeldete, dass die sogenannte Gender-Pay-Gap („geschlechtsspezifische Lohnlücke“) im Jahr 2022 bei 18 Prozent lag, das bereinigte Lohngefälle, das strukturelle Faktoren wie Beschäftigungsumfang und Bildungsstand einbezieht, immer noch bei 7 Prozent. Für Gifhorns Stadtverwaltung Anlass genug, um unter dem Titel „kunst trifft.“ eine Ausstellung mit den Künstlerinnen Natascha Engst-Wrede, Anna-D. Franz und Maike Remane zu organisieren. Noch bis zum 30. September ist sie im 2. Obergeschoss des Rathauses zu sehen.
„Wir leben im Patriarchat, und wir versuchen auch im kleinen Gifhorn auf Themen wie die Gender-Pay-Gap aufmerksam zu machen“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Sevdeal Erkan-Cours, die zusammen mit ihren Kolleginnen aus dem Fachbereich Kultur und Soziales die Ausstellung initiierte.
In den Räumlichkeiten, die am besten über den Eingang im Cardenap 2-4 zu erreichen sind, dreht sich alles um die drei Künstlerinnen und ihre Werke. So unterschiedlich wie ihre Stile und Techniken sind, so reich ist auch die Ausstellung an Deutungsoptionen, Nachdenkanschubsern, Sinnförderung. Doch aufgemerkt: Der feministische Ansatz läuft hier im unsichtbaren Kontext mit. „Ich male als Maike, nicht als Frau oder Mann“, unterstreicht Maike Remane.
Wer Kunst öffentlich macht, steht immer auch in der Abhängigkeit, überhaupt Zugang zu erhalten – zu den Ausstellungen, zu den Galerien, zum Markt. „Jeder junge Mensch sucht sich Vorbilder“, sagt Natascha Engst-Wrede. „Und Frauen als Vorbilder haben in der Kunst lange gefehlt.“ Dem pflichtet Anna-D. Franz bei, die ihre Karriere als Künstlerin auch zugunsten des Mutter-Seins hintanstellte.
Dass die Künstlerinnen einen Großteil ihrer Arbeiten als unpolitisch begreifen, ist dabei eine willkommene Denksportaufgabe – erst mal staunen und fühlen, die Politik kommt schon noch nach. Wer darüber hinaus Informationsmaterial zu Themen wie Gender-Pay-Gap, unmobilisierter Kulturbetrieb und deutsche Chancenungleichheit allgemein sucht, wird aber natürlich trotzdem fündig.

Anna-D. Franz wurde 1951 in Braunschweig geboren, studierte an der HBK und der TU Braunschweig Kunstpädagogik. Ab 1996 unterrichtete sie am Gifhorner Otto-Hahn-Gymnasium. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit Drucktechniken sowie Zeichnungen und Monotypien. Hier zu sehen: Amaryllis (2023), Monotypie auf gemaltem Untergrund, Acryl auf Papier, 30,8 x 18,2 cm.
Foto: Anna-D. Franz

Die Künstlerin wurde 1967 in Lingen geboren, von 1995 bis 1998 studierte sie Illustration und Kommunikationsdesign in Hamburg. In ihrer Arbeit setzt Natascha Engst-Wrede auf Experimente zwischen Alltagsbeobachtungen und Abstraktion. Ihr Atelier Artifice befindet sich in Wittingen in Gifhorns Nordkreis. Hier zu sehen ihr Werk reich (2023), 100x100cm, Acryl auf Leinwand.
Foto: Natascha Engst-Wrede

Die Künstlerin wurde 1964 in Gifhorn geboren. Seit 2003 stellt Maike Remane in Einzel- und Gruppenausstellungen aus, sie bezeichnet sich selbst als „leidenschaftliche Malerin“. Ihre Arbeiten sind geprägt von bunten Farblandschaften und abstrakten Formen. Hier zu sehen Gemeinsam gehen (2022), Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm.
Foto: Maik Remane
Ausstellung zur Gender-Pay-Gap von Natascha Engst-Wrede,
Anna-D. Franz und Maike Remane:
„kunst trifft.“
Rathaus, 2. Obergeschoss
Eingang Cardenap 2-4, Gifhorn
Mo. – Do. 8.30 bis 17 Uhr
Fr. 8.30 bis 12 Uhr