Recht & Gesetz

Muss ich für mein geschlossenes Geschäft in der Corona-Zwangspause weiterhin Miete zahlen? Gifhorner Anwalt klärt auf

Marieke Eichner, Bastian Till Nowak Veröffentlicht am 23.03.2020
Muss ich für mein geschlossenes Geschäft in der Corona-Zwangspause weiterhin Miete zahlen? Gifhorner Anwalt klärt auf

Auch das Cappu am Gifhorner Marktplatz hat nun vorübergehend geschlossen.

Foto: Cagla Canidar

Die Gifhorner Geschäftsinhaber stehen während der Corona-Pandemie vor vielen offenen Fragen. Zum Beispiel, ob sie weiterhin verpflichtet sind, Miete zu zahlen, wenn sie aufgrund der angeordneten Schutzmaßnahmen ihr Geschäft schließen müssen. Bei Facebook kursiert ein Screenshot, wonach Mieten und Pachten nicht bezahlt werden müssten als „wichtige Info an alle Gastronomen“. Doch stimmt das wirklich? Wir haben nachgehakt.

KURT sprach mit dem Gifhorner Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Peter Walk. Er stellt die rechtliche Situation so dar: Zunächst sei entscheidend, ob es dazu im bestehenden Mietvertrag eine Regelung bezüglich „höherer Gewalt“ gebe – dies sei allerdings selten der Fall. Voraussetzung für eine Mietminderung sei das Vorhandenseins eines Mangels des Mietobjekts (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB). Einen derartigen Mangel stelle das Corona-Virus nicht dar, denn es habe nichts mit der Mietsache direkt zu tun.

Peter Walk ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

Foto: Regina Waue

Die bisherigen behördlichen Anordnungen zur Ladenschließung resultierten nicht aufgrund der Lage, Beschaffenheit oder dem konkreten Zustand des Mietobjekts. Vielmehr liege die Ursache der Nutzungseinschränkung in den betrieblichen Umständen des Mieters. Das gelte nicht als Mangel des Mietobjekts. Es sei dem Vermieter nicht anzulasten, wenn der an sich ordnungsgemäße Laden zwar als Apotheke noch nutzbar wäre, aber als Schreibwarenladen geschlossen bleiben müsse. Das Risiko der Betriebsart, so Peter Walk weiter, trage grundsätzlich der Mieter. Das Corona-Virus dürfte daher nicht zu Mietminderungen berechtigen.

Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen des Corona-Virus könne, so Peter Walk, ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB bestehen. Bislang stand die Rechtsprechung einer Anwendung dieses auf Treu und Glauben beruhenden Rechtsgrundsatzes für das gewerbliche Mietrecht sehr zurückhaltend gegenüber. Es bleibe abzuwarten, ob das Corona-Virus zu neuen Entscheidungen bei den Gerichten führt, erklärt der Anwalt.

Wird die Miete trotzdem fällig, obwohl das Geschäft wegen der Corona-Zwangspause schließen muss? Auch das La Piazza am Gifhorner Marktplatz hat seit Freitag dicht.

Foto: Cagla Canidar

Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters aus wichtigem Grund sieht Peter Walk nicht. Dazu müsste die Nutzungseinschränkung aus der Mietsache an sich resultieren. Bei dem Corona-Virus sei dies nicht der Fall. Auch eine Befreiung des Mieters von der Miete wegen Unmöglichkeit der Leistung scheide aus. Denn der Vermieter könne die Mieträume weiterhin zur Verfügung stellen. Lediglich dem Mieter ist die gewünschte Nutzung für Publikumsverkehr verboten und damit unmöglich. Dieses Nutzungsrisiko trage allein der Mieter.

Peter Walk verweist im Interview auf staatliche Hilfen, wie sie bereits in Bayern beschlossen wurden, und rechnet damit, dass eine ähnliche Bestimmung auch in Niedersachsen beschlossen werden wird. In Niedersachsen sollen Kleinbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern einen Verdienstausfall bis 20.000 Euro geltend machen können. Die staatlichen Hilfen sind dabei auf die Hälfte des entstandenen Schadens beschränkt. In Niedersachsen bereitet die N-Bank gerade Förderungen vor. Diese sollen ab Mittwoch gelten, registrieren können sich Kleinunternehmer dafür schon jetzt.

Der im Internet kursierende Screenshot stammt aus der Kronen Zeitung, einer österreichischen Boulevardzeitung. Der dort zitierte Paragraf gilt nur in Österreich, nicht in Deutschland – und auch nicht in Gifhorn.

Foto: Facebook (Screenshot)

„Die große Gefahr “ ist laut Peter Walk aber, dass die Nichtzahlung der Miete an zwei aufeinanderfolgenden Terminen gemäß § 543 (1) Ziff. 3 a BGB zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter führen kann. Der Rückstand muss nur mehr als eine Monatsmiete betragen. Das sollte tunlichst vermieden werden. Er empfielt, sich „frühzeitig mit dem Vermieter zusammenzusetzen“ und eine Vereinbarung zu treffen. Der Anwalt rechnet zudem mit steigenden Insolvenzzahlen, da gerade im Gastronomiebereich die Eigenkapitaldecke regelmäßig dünn sei. Sprich: Oft reichen die für den Betrieb zurückgelegten Ersparnisse nicht aus, um einen Verdienstausfall über mehrere Monate aufzufangen, selbst wenn ein Teil durch staatliche Hilfen ausgeglichen wird.

Der im Internet kursierende Screenshot stammt übrigens aus der Kronen Zeitung, einer österreichischen Boulevardzeitung. Die Gastronomen in Gifhorn und dem Rest von Deutschland sollten auf diese Info also nicht hereinfallen: Der dort zitierte Paragraf 1104 ABGB regelt zwar die Bedingungen, unter denen Miete, Pacht oder Zins nicht bezahlt werden müssen, unter anderem nach behördlich angeordneter Schließung wegen „Feuer, Krieg oder Seuche“, es ist aber eben ein Auszug aus dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch – und das gilt eben nur in Österreich, nicht in Deutschland und auch nicht in Gifhorn.

Infos für Unternehmer gibt es bei der N-Bank:
www.nbank.de


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