Musik
Keep on rockin‘ auch über die Schulzeit hinaus: Die ehemalige Gifhorner Schulband The Boogiemen spielen im Februar in Rethen
Redaktion Veröffentlicht am 22.12.2024The Boogiemen covern alles, was mit Stromgitarren verrockt wird – außer Boogie. Der Name hat zwei ganz andere Hintergründe – und schmückt diese Zusammenkunft musizierender Ex-Mitschüler des Otto-Hahn-Gymnasiums noch gar nicht so lang, wie sie miteinander rocken. Bereits zu Schulzeiten trafen sich die Mucker unter Bandnamen wie Dew On Crap, später D-Fuse, und E-Fish-G, legten die gemeinsamen Aktivitäten jedoch nach dem Abi 1998 nieder und griffen sie erst vor rund zehn Jahren als Folge eines Klassentreffens wieder auf, um eben als The Boogiemen gemeinsam weiterzumachen. Als Weihnachtsgeschenk kündigen sie nun an, dass sie am 15. Februar in Rethen eine große Sause ausrichten. Schlagzeuger Björn Gasa schildert KURT die Hintergründe.
Bevor er sich erzählerisch an die Wurzeln der Band macht, lüftet Björn das Geheimnis hinter dem Bandnamen The Boogiemen. Mit der Musikrichtung hat der nämlich nichts zu tun, mit Musik im weitesten Sinne schon: Der Mesa/Boogie-Verstärker stand Pate, kombiniert mit der Horrorfigur aus dem Film „The Boogeyman“. Denn Horrorästhetik und Rockmusik seien eine gängige Verbindung, findet Björn, der ein entsprechendes Logo designte. The Boogiemen sind heute außer Björn am Schlagzeug noch Lead-Gitarrist Holger Müller-Redetzky, Sänger und Gitarrist Johannes von Götz und Keyboarder Christian Hintze als diejenigen, die schon in den Neunzigern zusammen spielten, plus Neuling Vittorio „Vito“ Papotto am Bass.
Doch nun zurück zu den Ursprüngen: „Wir hatten zwei Bands im Jahrgang, die überschnitten sich personell“, erzählt Björn aus er Schulzeit in den Neunzigern am OHG. Die erste Band hieß D-Fuse. „Wir haben als Achtklässler aber angefangen als Dew On Crap, Tau auf Scheiße. Das fanden wir lustig. Irgendwann entwächst man solchen Sachen aber“, lacht der Schlagzeuger. Daher die baldige Umbenennung, aber auch erst nachdem die Band mit dem Namen einmal auf der Newcomer-Bühne beim Altstadtfest sowie bei Musikabenden ihrer Schule spielen durfte.
Die zweite Band hieß E-FisH-G: „Wir hatten im Proberaum im Hühnerstall auf dem Hof von Christians Eltern in Rethen lange einen Zettel mit den Akkorden E, Fis, H, G an der Wand hängen und dann gesagt: Lass uns doch so nennen.“ Mitglied dieser Band war Björn nie, die Geschichte erzählte ihm Christian. Beide Bands komponierten damals eigene Lieder, „beeinflusst von Stilrichtungen und Bands der Zeit, zum Beispiel Crossover oder Nirvana“, so Björn. Neben den genannten waren damals noch drei weitere Mitstreiter an Bord: Keyboarder und Sänger Philipp Otto, der jetzt in Süddeutschland lebt, sowie Niklas Schwaninger und Sascha Wiemer aus Rethen, die später unter dem Namen Pretty Mellow als Duo in Gifhorn und Umgebung auftraten.
Den Auftakt zu allem gaben damals Holger und Björn. „Mit ihm habe ich angefangen, Musik zu machen in der siebten Klasse, er Gitarre und ich Schlagzeug.“ Sie waren die beiden einzigen Musiker in der Lateinklasse, deshalb fanden sie ihre weiteren Instrumentalisten ausschließlich in der Französisch-Parallelklasse. Was zu kuriosen Abenteuern führte: „Wir sind mit der Schule nach Frankreich gefahren“, beginnt Björn. „Obwohl Holger und ich kein Französisch konnten, wurde uns vom organisierenden Lehrer gesagt: Ihr kommt mit!.“ Sie sollten an der Gastgeberschule nämlich als Band auftreten, so der Plan des Erziehers. Dazu kam es auch, und zu noch mehr: Die Gifhorner sollten etwas in Frankreich veröffentlichen, unter der Bedingung, dass zwei Songs auf Französisch dargeboten waren. Björn grinst: „Zwei Songs haben wir auf Französisch gemacht, so Crossover, und auf Französisch gerappt.“
1996 reisten die Musiker nach Polen, als Rockbotschafter für die Stadt Gifhorn, berichtet Björn. Nach Złotów ging es, zusammen mit The Di6e, mit denen sie in einem Amphitheater auftraten. „Das war ein Erlebnis, das war cool“, schwärmt Björn noch heute. Doch war den Musikern klar, dass es mit den gemeinsamen Aktivitäten nach dem Abitur vorbei sein würde, also gaben sie 1998 ein Abschiedskonzert in der Grille. „Das Plakat hängt noch bei mir im Keller“, so Björn. Danach zerstreuten sie sich in alle Winde.
Keyboarder Christian etwa „studierte Medizin in Leipzig und arbeitete später in Rostock, er ist wieder zurückgekommen nach Rethen“, erzählt Björn. Heute ist er als Anästhesist in Braunschweig angestellt. Holger ist ebenfalls Arzt, und zwar in Berlin. An der E-Gitarre ein Autodidakt, lernte er noch zu Abi-Zeiten zusätzlich die Klassische Gitarre, „als ihm die E-Gitarre nicht mehr reichte“, mutmaßt Björn, und ergänzt staunend: „Nach nur einem Jahr hat er bei Jugend musiziert sogar einen Preis gewonnen, ganz untalentiert ist er also nicht.“
Johannes verschlug es nach Hannover. Bei seinen Eltern im Gehöft in Ribbesbüttel hatten D-Fuse seinerzeit ihren Übungsraum. „Familie von Götz hatte ein Art zweites Wohnzimmer, da durften wir proben“, berichtet Björn. Damals startete Johannes noch am Bass, während er bei The Boogiemen zum Frontmann wurde. Heute ist Johannes Lehrer, genau wie Björn, und auch in den gleichen Fächern, Deutsch und Geschichte nämlich, allerdings eben in Hannover, während Björn nach dem Studium zurück nach Gifhorn kam. „Ich bin inzwischen aber am Humboldt-Gymnasium“, sagt er, und winkt den Hinweis, dass das für einen alten OHG-Alumnus möglicherweise problematisch sei, ab: „Die alte Rivalität gibt es ja nicht mehr.“ Ihn hat es als einzigen nicht verweht: „Ich wollte nie Weg aus der Region.“ Mit der Folge: Er ist der Dreh- und Angelpunkt, so sei das eben, „wenn einer in der Heimat bleibt“. Und heute außerdem über seine Schule den Boogiemen die Möglichkeit eines Proberaums anbieten kann.
Aber bis zu diesem Punkt der Geschichte vergeht noch etwas Zeit, zunächst sind die Musiker ja verstreut. „Aus den Augen verloren haben wir uns nie“, bekräftigt Björn. „Als Jahrgang waren wir ein großer verschworener Haufen, 90 Leute.“ Die Ex-Mitschüler hatten viel Kontakt zueinander, „der Musikerkreis besonders, und die Peripherie“. Bis es 2014 erstmals zum berüchtigten Klassentreffen kam, das später jemand aus dem Teilnehmerkreis als „Männerpension“ bezeichnete, weil es ohne die Frauen des Jahrgangs stattfand. Plan war, so Björn: „Wir nisten uns für ein Wochenende ein.“ Also nur zusammenhocken, grillen, Kanu fahren – „um Gottes Willen aber nichts mit Musik. Und dann haben wir doch wieder die Gitarren rausgeholt“, seufzt Björn. Und seitdem existieren nun endlich The Boogiemen. „Sogar ernsthaft wieder mit Proben“, lacht Björn. Heißt wegen der großen Distanzen, dass jeder sein Repertoire zu Hause übt und „vier, fünf Mal im Jahr treffen wir uns, um zu präzisieren“.
Vorerst fasste sich diese Band eher als Projekt auf, das es zwar gibt, als Erwachsene aber bisher kaum aufgetreten ist. Zwischen dem Abschluss-Gig in der Grille und einer Teilnahme an der Open Stage ebendort satte 25 Jahre später spielten die Musiker allerhöchstens in der Freizeit zusammen, um die Schulfreundschaft zu pflegen. Björn selbst etwa spielte nach dem Abi, angeregt von seinen zwei Onkels, Tanzmusik bei Querbeat, um sich das Studiengeld zu finanzieren. Er lacht: „Es war fast ein Kulturschock, hat mir aber Spaß gemacht. Schlager der 50er und 60er bis zu modernen Top 40. Ich war breit aufgestellt, ich habe nicht nur Metallica gehört.“ Außerdem lernte er dazu: „Mehrstimmiger Gesang. Schlagzeug zu spielen und zu singen war Einstellungsvoraussetzung. Denn eine Band, die das konnte, hat sich abgehoben.“
Christian stieg ganz frisch in die Braunschweiger Band Up’n’Down ein, und Björn spielt außerdem seit 2014 bei B and the Rattlesnakes Schlagzeug. Zu denen entlieh er zudem den neuen Bassisten, der den Boogiemen zunächst nur unter die Arme gegriffen hatte, nachdem Johannes das Gewerk gewechselt hatte: Vito, der Musik wegen aus Oberhausen nach Walle gekommen, wo er eine Musikschule betreibt, ist ein Bekannter von Christian, der ihn auch gleich als Ersatz für den bei B and the Rattlesnakes ausgefallenen Winnie empfahl. „Er kommt eigentlich aus dem Metal“, schildert Björn und führt aus: „Das passt grundsätzlich in das Rockige.“
Einzig Johannes und Holger pflegen keine musikalischen Nebenschauplätze – sie sind ganz Boogiemen. „Holger ist ein erfolgreicher Triathlet, der hätte für eine weitere Band keine Zeit“, begründet Björn.
Das genannte Rockige ist die Kernkompetenz von den Boogiemen, so Björn: „Wir covern Crossover und Rock.“ Heißt: „Rage Against The Machine, Deep Purple, Guns N‘ Roses, Pearl Jam, Wolfmother – alles E-Gitarren-lastig, vieles davon haben wir damals gehört.“ Nur eines nicht: „Wir machen keinen Boogie“, sagt er kategorisch. „Die Songauswahl ist gesteuert von: Was hören wir gerne.“ Titel, auf die sie eben Bock haben.
Für die Absprachen hilft heute die Technik: „Die Songauswahl treffen wir über WhatsApp.“ Dabei war das Covern noch in den Neunzigern nie der Plan: „Wir wollten damals selbst schreiben, wir haben sogar zwei Demos aufgenommen.“ Das zu nehmen, was bereits das ist, stellte sich der Distanzen wegen aber als praktikabler heraus.
Aufgrund der räumlichen Distanzen sind die Proben- und Gigs überschaubar, daher wird es bei gelegentlichen Auftritten bleiben, wie jetzt dem am 15. Februar in Rethen. „Wir haben sonst keine konkreten Ziele“, räumt Björn ein. „Es wäre unrealistisch“, der Distanz und der beruflichen wie familiären Gebundenheit wegen. „Wir gucken, wie wir Zeit haben. Und wir gucken, was kommt. Eventuell das Altstadtfest, wenn man uns haben will“, so der Drummer. „Es ist und bleibt ein Hobby.“ Doch eines mit hohem Infektionsgrad, das ist den Boogiemen bewusst. „Das ist das Interessante an der Band: Sie ist ein lokales Ding, das es urlange gibt.“ Der Gifhorner wird nostalgisch: „Wir haben in der Sandmühle gespielt und in Wolfsburg im Hardrock Café – das gibt alles nicht mehr.“ Auch viele Bands von damals seien heute längst Geschichte. „Und es gab gute Bands“, meint Björn anerkennend.
Somit präsentieren The Boogiemen den Gifhornern ihre angekündigte Covershow quasi als Weihnachtsgeschenk. Die fünf Musiker verbringen die Feiertage allerdings eher unrockig: Holger lässt es ruhig angehen und bereitet sich auf die Proben vor, lässt er wissen. Christmas-Pudding essen mit Frau, Kindern, Katze und Kaninchen ist der Plan von Johannes. Vito und Christian schließen sich mit Family and Friends an die heimelige Besinnlichkeit an, und Björn will ebenso Ruhe genießen und die Zeit mit der Familie verbringen: „Ganz traditionell mit Oma, Opa, Frau, Baum und Kindern.“
Samstag, 15. Februar
20 Uhr, Dorfkrug Rethen
Am Sportplatz 2, Rethen
Eintritt frei