Eintracht & Bürgersinn
Jeder Verein ist anders, das macht den Reiz aus: Verbandsvizepräsident Uwe Weimann lobt die Diversität der Schützenvereine
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 03.11.2023
Für Uwe Weimann, den Vizepräsidenten im Landesschützenverband, ist es unmöglich, alle Schützenfeste unserer Region zu besuchen. Immer dabei ist er aber garantiert auf dem Schützenfest in Wilsche.
Foto: Michael Uhmeyer
Der Wilscher Uwe Weimann ist unser Mann in Hannover, wo der Niedersächsische Sportschützenverband seine Zentrale hat. Der Vizepräsident und das Ehrenamt sind nicht zu trennen. KURT-Redakteur Malte Schönfeld hat den 63-Jährigen interviewt.
Vizepräsident im Landesschützenverband, bis vor kurzem Vorsitzender des Kreisschützenverbands, dazu seit fast drei Jahrzehnten Ortsbürgermeister in Wilsche – wo hat die Begeisterung für das Ehrenamt begonnen?
Da muss ich etwas ausholen. Das Ehrenamt war in meiner Familie immer ein wichtiger Bestandteil.
Schon meine Mutter hat ehrenamtlich gearbeitet, unter anderem bei den Landfrauen. Genauso mein Vater, etwa im Gemeinderat oder im Kyffhäuserverband. Auch meine Brüder haben sich immer engagiert.
Was mich angeht, habe ich früh die Landjugend Sassenburg mitgegründet und beim SV Westerbeck Fußball gespielt. Ich bin ja in Neuhaus geboren. Als der Vorstand damals zurückgetreten ist, wurde ich angesprochen, um zu helfen. So bin ich in Westerbeck 1986 zum Schriftführer gewählt worden.
Wie kamen Sie dann zum Schützenwesen?
Das war so: Jahre später, als ich mit meiner Frau schon in Wilsche gewohnt habe, wurde ich wieder angesprochen, diesmal vom Nachbarn meiner Schwiegereltern. Es ging um den Schützenverein. Dort wurden Ehrenamtliche für den Vorstand gesucht. Ich übernahm zuerst das Amt des 2. Vorsitzenden und später das des Geschäftsführers.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt mit dem Schießen wenig am Hut hatte, kam ich über diese Schiene auch zum Sportschießen. Weil jemand bei einem Luftpistolen-Wettkampf ausgefallen war, bin ich eingesprungen – und das hat mir richtig Spaß gemacht. Also bin ich dabei geblieben, und das auch nicht ganz erfolglos: 1997 qualifizierte ich mich für die Deutschen Meisterschaften.
1993 bin ich dann 2. Vorsitzender im Kreisschützenverband Gifhorn hinter Friedrich-Wilhelm Brandes geworden, 1999 dann Vorsitzender. Dieses Amt habe ich bis vor wenigen Monaten mit sehr viel Herzblut und einem tollen Team, das mir stets Rückendeckung gegeben hat, ausgeführt. Wenn man aber einen Nachfolger hat, der bereit ist zu übernehmen, dann sollte man sich nicht an seinen Stuhl klammern. Und mit Oliver Koch habe ich den besten Nachfolger gefunden, den man sich vorstellen kann.
Auch heute noch ist Uwe Weimann am Schießstand anzutreffen. Sein Kaliber: die Luftpistole.
Foto: Michael Uhmeyer
Was hat Sie dann ermutigt, in der Landesspitze aktiv zu werden?
Als Kreisvorsitzender gehört man dem niedersächsischen Gesamtvorstand an. Immer, wenn neue Präsidenten zur Wahl standen, hatte man auch mich gefragt. Doch ich habe immer abgewunken – weil alles stimmen muss: Die Familie muss mitspielen. Die Arbeit darf nicht leiden. Wissen Sie, ich war Abteilungsleiter der Raiffeisenmärkte, da fällt nach acht Stunden nicht direkt der Hammer.
Dazu habe ich auch damals schon das Amt als Ortsbürgermeister ausgeführt. Und mein Motto ist: Ganz oder gar nicht. Doch mit dem Wegfall der Arbeit als Kreisvorsitzender hatte ich nun eine Funktion weniger und so wieder mehr Zeit. Dank der Vertrauensbasis in Hannover wurde ich 2021 zum Vizepräsidenten gewählt und bin voriges Jahr bestätigt worden.
Folgende Frage muss an dieser Stelle erlaubt sein: Wie schaffen Sie das alles?
Die Planung ist ein entscheidender Faktor. Und ich finde, man darf nicht immer nur fordern, sondern muss auch mal was tun. Das kann natürlich auch mal stressig werden, sicher. Aber das Gute ist, dass man im Gegenzug viel wiederbekommt. Denn das Ehrenamt ist eine große Quelle der Kraft.
Ganz naiv gefragt: Was macht der Landesschützenverband eigentlich?
Wir sind der Dachverband, der alle 39 Kreisverbände organisiert. Wir sind Dienstleister, verteilen Informationen an die Kreise und Vereine, sind Interessenvertretung und Schnittstelle in der Sportpolitik, erfüllen repräsentative Aufgaben, nehmen an Sitzungen teil, führen Ehrungen durch und erledigen Verwaltungsaufgaben.
Sportlich organisieren wir Meisterschaften und Wettkämpfe und regeln die Aus- und Fortbildung von Sportlerinnen und Sportlern und Ehrenamtlichen und führen diese unter anderem für die Trainerausbildung selbst durch. Viele Sportschützen träumen davon, einmal bei den Deutschen Meisterschaften oder sogar Olympia teilzunehmen. Ihnen diesen Wettkampf zu ermöglichen, ist unsere Aufgabe.
Blöde Frage: Bestimmt der Landesschützenverband, wer eine Waffe haben darf und wer nicht?
Nein. Das passiert nicht einfach so. Für den Waffenbesitz gibt es rigorose Regelungen. In einem mehrstufigen, staatlich genehmigten Verfahren entscheiden mehrere Voraussetzungen und Instanzen darüber, ob man eine Waffe besitzen darf oder nicht.
Zuerst einmal wird unter anderem um ein polizeiliches Führungszeugnis gebeten. Dann muss die Person entsprechende Waffensachkunde-Lehrgänge absolviert und angeschlossene Prüfungen erfolgreich bestanden haben. Außerdem erfolgen regelmäßig Fortbildungen und Nachschulungen.
Sind diese Hürden vorschriftsmäßig erfüllt, kann die Person eine Waffe beantragen. Und nur, um das noch einmal klarzustellen: Wir haben eines der schärfsten Waffengesetze überhaupt –
„Freundschaftsdienste“ gehen da nicht.
Kann man sich den Verband als Lobbygruppe für das Schützenwesen vorstellen?
Ja, so kann man das sagen. Wir setzen uns für das Schützenwesen gemäß der olympischen Disziplinen ein. Zusätzlich ist ein vielfältiges Breitensportangebot entstanden. Und das Schützenwesen sieht sich deutschlandweit in einer guten Entwicklung, was durch Angebote wie das Lichtpunktschießen und den Blasrohrsport möglich gemacht wird. Da müssen wir ehrlich zu uns sein und auch Veränderungen zulassen.
Herr Weimann, Sie haben viele Schützenvereine und ihre Schützenfeste besucht. Wie unterscheiden sie sich?
Das Schützenwesen und damit auch viele Vereine kommen aus dem Militärischen, sportlich haben alle dieselbe Zielrichtung. Doch jeder Schützenverein hat seine eigenen Traditionen und seine Vergangenheit. Die Einbindung in das Dorfleben ist unterschiedlich. Mancherorts finden wir Schützengesellschaften vor, anderswo Schützengilden. Viele Vereine haben eine lange Tradition und sind bereits 800 Jahre und älter.
Interessant ist ja auch, dass viele Schützen befreundete Vereine besuchen. Nicht nur zu den Vergleichsschießen, auch zu den Schützenfesten selbst. Und das macht doch den Reiz aus:
Jeder Verein führt diese Veranstaltung anders durch – einfach schön.
Welche Schützenfest-Termine nehmen Sie wahr?
Ich kann natürlich nicht bei allen Schützenfesten dabei sein – bei 48 Vereinen in unserem Kreisverband Gifhorn ist das unmöglich. Gesetzt ist für mich das Schützenfest in meinem Heimatverein Wilsche.
Auf Landesverbandebene müssen wir unsere Teilnahme auf die Jubiläen beschränken. Dort sind wir immer – eine Einladung des Vereins vorausgesetzt – vertreten. Doch es macht immer wieder Spaß, neue Vereine kennenzulernen. Diese Vielfalt macht unser Schützenwesen aus. Und da lernt man nie aus.