Musik

Galaktischer Synthie-Pop, der auch Trost spendet - Erst in seiner Musik öffnet sich der Leiferder Rapper Kayee so wirklich

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 10.12.2023
Galaktischer Synthie-Pop, der auch Trost spendet - Erst in seiner Musik öffnet sich der Leiferder Rapper Kayee so wirklich

Kayee wohnt in Leiferde und hat mit „Aurora“ gerade erst sein neues Album rausgebracht. Das möchte er jetzt auf die Bühne bringen.

Foto: Jan Michalski

Eine neue Morgenröte dämmert für Kayee: Vor vier Jahren zog der in Wolfenbüttel als Nils Keie geborene Rapper nach Leiferde. Dort begann er, an neuen Songs zu arbeiten, veröffentlichte 2020 die Single „Aurora“ und beschloss, dass sie das Titelstück zu einem neuen Album werden sollte. Das ist jetzt draußen. Begleitet wird es von vielen weiteren Singles, die einem galaktischen Faden folgen: Aktuell erscheint die dritte der „Sonne-Mond-und-Sterne“-Trilogie. Mit seiner Musik drückt Kayee Emotionen aus, verrät er KURT. Außerdem schwärmt er vom Landleben – und will schnellstmöglich eine Band finden, die mit ihm seine Songs auf die Bühne bringt.

„Aurora war der Startpunkt für das Thema“, blickt Nils zurück. Eigentlich war der Song nicht als Teil eines Albums geplant, sondern etwas, das für sich steht. Aber: „Das Wort hat mich nicht losgelassen.“ Aurora als Göttin der Morgenröte deutet Nils’ Faible für Weltraum- und SciFi-Themen bereits an, Titel wie „Sonne“, „Mond“ und „Sterne“ greifen das auf – doch dazwischen veröffentlichte er „Laute Stille“ und „Sie will tanzen“. Nils lacht: „Ich wollte es nicht übertreiben mit dem Universum.“

Die drei genannten stellaren Singles wiederum ergeben eine Trilogie. Zu allen erstellte Nils Lyric-Videos: „Sonne ist ein Song über meine Frau, Mond ist ein Song für und über die Familie und Sterne ist ein Song über die kleinen Wunder, die man manchmal zu wertschätzen vergisst.“

Viel gebe er auf dem Album über sich preis, verrät der Rapper, mehr noch, als es auf früheren Alben der Fall war. „Ich habe textlich einen ordentlichen Schub gemacht“, sagt er. „Ich bin thematisch sehr privat.“ Beispiel „Mond“: Dieser Song ist seiner Mutter und Schwester gewidmet, darin befasst er sich mit seinem im vorigen Jahr verstorbenen Vater. „Ich habe die Metapher vom Mann im Mond genutzt, um ihnen zu sagen, dass er immer noch da ist“, sagt Nils. Auch an sich selbst gerichtet: „Es hat mir geholfen, damit klarzukommen, mich auszudrücken.“ Denn, so gibt er zu: „Ich bin nicht ganz der Typ, der Emotionen zeigt.“ In der Familie, im kleineren Kreis gelinge ihm das schon, „ich bin kein Stein“. Aber außerhalb davon ist er zurückhaltender. Da übernimmt seine Kunst die Rolle des Vermittlers: „In Musik kann ich das am besten ausdrücken.“

Auch wenn er selbst kein Instrument spielen kann: Der Leiferder Rapper Kayee fühlt sich in Studiosituationen pudelwohl.

Foto:

Seine nicht selten an 80er Synthiepop angelehnte Musik erstellt Nils in Zusammenarbeit mit Produzenten, die er über das Internet findet. Das funktioniert wie folgt: „Du kriegst einen Katalog, zum Beispiel der Beat gefällt mir, den kann man dann benutzen und veröffentlichen.“ Aus verschiedenen Quellen sucht sich Nils heraus, was am besten zu seinen Texten passt, und erstellt daraus seine Songs.

Manchmal läuft es auch umgekehrt, dass Leute auf Nils zukommen: Der Braunschweiger Produzent Kai Hildebrand beispielsweise trat nach dem vorvergangenen Album „Anker“ an Nils heran und fragte, „ob ich Bock habe, mit ihm zu arbeiten“, erzählt der, und den hatte er: So entstanden nämlich die Songs „Aurora“, „Can A Song Save A Life“ und „König der Löwen“. „Das passiert mir in letzter Zeit immer wieder“, freut sich der Künstler, für den es kreativ fruchtbarer ist, neben dem Produzenten im Studio zu sitzen und etwa am Sound der Hi-Hats zu feilen. „Aber das braucht mehr Zeit“, lenkt er ein. „Manchmal arbeite ich mit dem Produzenten an einem Drumsound drei Stunden. Wenn man drin ist, wird man ein bisschen nerdig“, gibt er zu. „‚Lass uns doch noch mal rangehen‘, auch beim Schreiben, ‚Das könnte man auch anders sagen‘“, erzählt er. Und atmet doch auf: „Ich bin happy, dass ich jetzt nichts mehr ändern kann – ich kann loslassen und etwas Neues anfangen.“

Doch zunächst ist das Album „Aurora“ für alle anderen ja noch neu, obgleich die Hälfte der Songs bereits als Singles vorab zu hören war. „So läuft der Hase heute“, zuckt Nils mit den Schultern. „Seit Spotify muss man kontinuierlich veröffentlichen.“ Was auch anstrengend ist: „Wieder Postings vorbereiten und für jedes Lied ein Cover gestalten.“ Was er für „Aurora“ überdies alles selbst macht, mit einigen Herausforderungen: „Ich kenne mich mit dem Bildbearbeitungsprogramm und den Formaten nicht so super aus, ich musste viel korrigieren.“ Deshalb erschien die CD-Version von „Aurora“ auch etwas später als die digitale. Wiederum mit einem Bonus für alle, die Musik noch physisch kaufen: Die Single „König der Löwen“ ist lediglich auf der CD enthalten. Noch lieber wäre ihm, seine Musik auf Vinyl zu veröffentlichen. „Aber die Zielgruppe ist noch kleiner als bei einer CD“, bedauert er. Und verrät: „Ich habe für mich eine Vinyl-Version gemacht, das mache ich immer, eine Einzelanfertigung – weil ich Plattenliebhaber bin.“ Denn: „Wenn ich mir etwas kaufe, dann immer auf Vinyl.“

In seiner Sammlung findet sich da zum Beispiel die Musik seiner Helden, zu denen Nils Hip-Hop- und Rap-Größen der alten Schule zählt wie Beginner, Samy Deluxe, Die Fantastischen Vier, Fettes Brot oder Sido: „Damit bin ich aufgewachsen.“ Außerdem gewöhnte Nils sich an, zu jeder Veröffentlichung einen neuen Hut zu tragen, einen Pork-Pie-Hut nämlich, und das guckte er sich bei US-Legende Run-DMC ab, ebenso, den ewigh stylishen Superstar-Schuh von Adidas zu tragen. „Man muss auch Marotten haben“, grinst er.

Als direkten musikalischen Einfluss wiederum würde er sie alle zwar nicht ausmachen, aber: „Ein bisschen Inspiration kam von Marteria.“ Denn wie auf „Aurora“ ist Marteria „sehr elektronisch und hat eine tiefe, raue Stimme“, so Nils. „Ich höre ihn gerne.“ Vermutlich war dessen Hit „Lila Wolken“ ein Einfluss – solche sieht man ja auch manchmal während einer Morgenröte.

Seine künstlerische Morgenröte erlebte Nils um das Jahr 2009 herum, da erschien sein erster Song „Baby“ auf der „New-City-Rock“-Compilation, sowie 2010 sein Reggae-Album „Summer In The City“, ebenfalls auf CD. „Ich hatte auch ein, zwei Auftritte in Beach Clubs, an Stadtstränden“, so Nils. Das war noch in Wolfenbüttel. 2012 erschien dann das Album „Gezeichnet“, „das war das erste größere, das sich zeigen lässt“, sagt Nils. Noch größer war das nächste Album „Anker“, das 2016 in Zusammenarbeit mit dem Braunschweiger Kollektiv Spinnerstrasse entstand, sogar bis auf das Schlagzeug komplett von Hand eingespielt. „Das Album habe ich entwickelt wie ein Singer-Songwriter“, erinnert sich Nils. Er trug einem Gitarristen seine Texte vor „und der hat es direkt spielen können“, staunt der Rapper. „Das war krass – für jemanden, der kein Instrument kann, ist das beeindruckend.“ Er selbst habe zwar ein Keyboard im Studio, doch: „Ich habe es immer wieder versucht, aber ich komme nicht weiter – es ist Üben.“

Mit der Erfahrung aus der „Anker“-Zeit, als er die Songs mit den Spinnerstrasse-Musikern live umsetzte, möchte Nils auch an „Aurora“ herangehen: „Ich mag Konzerte am liebsten, aber ich bin zurzeit bandlos“, bedauert er. Aber er hat einen Plan, er will im kommenden Winter mit Musikern Kontakt aufnehmen „und das Album mit einer kleinen Band live umsetzen“, so Nils, der sich Keyboarder vorstellt und „eine Drei-, Vier-Mann-Combo“. Alternativ wäre es auch machbar, mit einem DJ und Samples zu arbeiten. „Aber mit Band ist es cooler und macht auch mehr Spaß.“ Denn: „Einen Song, der eigentlich vorbei ist, kannst Du noch mal zehn Minuten lang spielen. Band ist mehr Power.“ Die zweite Lösung habe ebenfalls ihren Reiz, so Nils: „Eine DJ-Show ist auch cool in Clubs, aber ich würde gern auf dem Altstadtfest in Gifhorn spielen, da ist es mit Band besser.“

In unseren Landkreis kamen Nils und seine Frau vor vier Jahren, als sie sich nach einem Haus umsahen und dafür in Richtung Dorf orientierten. In Leiferde wurden sie fündig und entdeckten die Heide neu für sich. „Die kannten wir schon, aber wir hatten vorher nicht viel mit Gifhorn zu tun“, lenkt Nils ein. Doch: „Jetzt sind wir hier zu Hause, lieben es und wollen auch nicht mehr weg.“
Ein Blick in die Zukunft, die sowieso ein beliebtes Thema für Nils ist, kombiniert mit Science-Fiction-Geschichten. Etwa dieser: „Aurora oder Der Aufbruch zu den Sternen“ des SciFi-Autoren Isaac Asimov, von dem Nils sagt, es „war auf jeden Fall auch eine Inspiration für den Titel“. Bei der ihm der Weltengeist behilflich war: „Das Buch habe ich mal auf einem Flohmarkt entdeckt.“ Da wundert es auch nicht, dass „Zurück in die Zukunft“ sein Lieblingsfilm ist: „Das ist mein Ding. Das spiegelt sich vielleicht auch auf dem Album.“ Das mit dem Opener „Logbuch“ übrigens eine Bestandsaufnahme zur Entstehung des Albums „Aurora“ beinhaltet. Möge es bis zu Kayees Abenddämmerung noch lang dauern!

Kayee: „Aurora“
11 Songs, 35:19 Minuten (digital)
12 Songs, 38:35 Minuten (CD)

kayee.de

instagram.com/kayee_music


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