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Folter, Spionage, Gewalt: Malte Schönfeld bringt in seiner neuen Kolumne das Schicksal von Julian Assange und den Zukunftstag zusammen

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 24.03.2024
Folter, Spionage, Gewalt: Malte Schönfeld bringt in seiner neuen Kolumne das Schicksal von Julian Assange und den Zukunftstag zusammen

Dutzende Kinder und Jugendliche nehmen beim KURT-Zukunftstag teil. Eine gute Möglichkeit, um über den in Großbritannien eingesperrten Journalisten Julian Assange zu sprechen.

Foto: KURT Media via Dall-E

Als im vergangenen Jahr 27 Kinder und Jugendliche in unser Büro stürmten, ausgestattet mit kariertem Block, gezücktem Kugelschreiber und Smartphone, konnte ich das erst nicht glauben. So viele? Es war KURT-Zukunftstag, und unsere Räumlichkeiten reichten gerade so aus, um diesem Ansturm zu genügen. Am Ende des Tages, so unsere Hoffnung, sollten die Nachwuchsreporter ein bisschen besser verstehen, was sich hinter Redaktion, Recherche und Textproduktion verbirgt. Und dass der Job bei einer Medienagentur wirklich viel Entertainment mit sich bringt.

Ende April ist nun wieder Zukunftstag. Unsere Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Doch die Nachwuchsförderung sollte uns nicht davon abhalten, auch nach London zu blicken. Dort wird nämlich in diesen Tagen der Journalismus verteidigt – oder zerstückelt.

Seit fast fünf Jahren sitzt der Australier Julian Assange im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, neben ihm IRA-Terroristen und Islamisten. Dem Gründer der Informationsplattform Wikileaks droht die Auslieferung an die USA, wo er unter anderem wegen Spionage für immer und ewig in den Knast kommen könnte. Dabei ist das, was er zusammen mit anderen Redaktionen weltweit veröffentlicht hat, nämlich geheime Materialien, von großer Bedeutung gewesen: Als Journalist klärte Julian Assange über Kriegsverbrechen, Umweltverschmutzungen, Mord und vieles mehr auf.

Lange Zeit verbrachte Julian Assange in Isolationshaft, in einer 2 mal 3 Meter großen Zelle. 22 Stunden alleine. Wenige Bücher. Kein Internet. Untersagungen von Treffen mit Anwälten. Schikanen, wenn‘s doch zu einem kam. Zuvor wurde er ausspioniert, als er – quasi auf der Flucht – in der ecuadorianischen Botschaft Asyl suchte. Erst bekam er die Staatsbürgerschaft zugesprochen, später entgegen gültiger ecuadorianischer Gesetze entzogen. Die CIA soll über Mord nachgedacht haben.

All das hat der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Folter und Rechtswissenschaftler Nils Melzer in einem Bericht und zahlreichen Interviews festgehalten. Seine Einschätzung darüber hinaus: Julian Assange wird psychisch gefoltert. Weiße Folter. Bestätigt haben ihm dies unabhängige Ärzte, die Tests durchführen durften. Assange habe außerdem zu Melzer gesagt, dass er sich nicht lebendig ausliefern lassen werde.

Wenn Julian Assange doch ausgeliefert und in den USA angeklagt werden würde, wäre das ein Angriff auf das Presserecht und die Meinungsfreiheit – so sieht es jedenfalls Amnesty International. Auch Reporter ohne Grenzen, eine andere Menschenrechtsorganisation, klagt die Willkür und Gewalt an.

Angriffe auf Journalisten finden aber nicht nur in China, Belarus und der Türkei statt, wie einige meinen. Es gibt sie auch in Deutschland – und zwar zunehmend. Man muss die Gewalt genau als das markieren, was sie ist. Brutal und strafbar. Ob sie von Einzelpersonen und Gruppen auf rechtsextremen Demos kommt – oder vom Staat selbst wie im Fall von Julian Assange.

Vielleicht sollten alle Medienvertreter, Journalisten und Verlegerinnen deswegen beim Zukunftstag auch über Journalisten wie Assange aufklären. Und dem Reporternachwuchs klarmachen, wie unumstößlich die Vierte Gewalt in einer Demokratie sein sollte.


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