Stolpersteine

Ermordet in Auschwitz: Bertha Müller aus Gifhorn wurde verfolgt und musste den „Juden-Stern“ tragen

Manfred Grieger Veröffentlicht am 04.05.2022
Ermordet in Auschwitz: Bertha Müller aus Gifhorn wurde verfolgt und musste den „Juden-Stern“ tragen

Ein Stolperstein im Gehwegpflaster entlang der Gifhorner Torstraße erinnert an das Schicksal von Bertha Müller.

Foto: Mel Rangel

Millionen Menschen litten unter den Gräueltaten der Nationalsozialisten – allein in unserem Gifhorn ist die Zahl der Opfer mindestens dreistellig. Für neun von ihnen wurden im vergangenen Herbst die ersten Stolpersteine in unserer Stadt verlegt. Ihre Biographien stellt KURT in einer Serie vor. Diesmal geht es um Bertha Müller, die 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Ihre Geschichte schildert Historiker Prof. Dr. Manfred Grieger in einem Gastbeitrag.

Die in die alteingesessene jüdische Familie von Isidor und Ida Magnus in Hannover-Linden hineingeborene Bertha verlor ihren ersten Ehemann, den 1911 geheirateten Gifhorner Schlachtermeister Johannes Erich Hermann Wilhelm Lehmann, gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Zur Absicherung des Betriebes schloss sie 1921 die Ehe mit dem Fleischermeister Georg Müller. 1919 war sie zur evangelischen Konfession übergetreten. Ihr zweiter Ehemann verstarb 1935. Daraufhin übernahm ihr Sohn Erich Lehmann die Schlachterei.

In der ersten, von der Staatspolizeistelle Lüneburg erstellten „Gesamtübersicht über die im Staatspolizeibezirk Lüneburg ansässigen Juden“ erfasst, unterlag Bertha Müller zahlreichen antisemitischen Verfolgungs- und Diskriminierungsmaßnahmen. Bis spätestens zum 31. August 1939 hatte Bertha Müller eine „Judenvermögensabgabe“, eine antijüdische Zwangssteuer, auf das Konto des Finanzamts Gifhorn einzuzahlen. Ab September 1941 musste sie sich als Jüdin mit dem vorgeschriebenen „Juden-Stern“ kennzeichnen.

Ein Blick in die Torstraße anlässlich des Schützenfestes im Jahr 1950 (Foto oben): Im Haus Nr. 4 auf der linken Straßenseite lebte bis 1943 Bertha Müller.

Foto: Sammlung Günter Dröge/Klaus Meister

Bertha Müller wohnte zuletzt in der Gifhorner Torstraße 4. Dort wurde sie am 28. Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet und dann in Braunschweig in Untersuchungshaft gehalten. Wegen „Unterlassung des Antrages auf Ausstellung einer Kennkarte“ zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, wies die Gestapo sie nach Strafverbüßung am 27. April 1943 in das „Arbeitserziehungslager“ für Frauen in Watenstedt ein. Während ihrer Abwesenheit erstellte ein Gifhorner Schutzpolizeimeister im Mai 1943 ein Verzeichnis ihres Besitzes. Im Juni 1943 aus der Haft entlassen und kurzzeitig in ihre Wohnung zurückgekehrt, wurde sie alsbald erneut abgeholt und in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Eine vom dortigen Standesamt ausgefertigte Sterbeurkunde vermerkte als Todestag den 11. August 1943.

Dieser Text ist Teil der Broschüre „Stolpersteine in Gifhorn“, kostenfrei erhältlich im Stadtarchiv und in der Stadtbücherei.

Die Forschung zu Opfern des Nationalsozialismus in und aus Gifhorn geht weiter. Hinweise sammelt das Kulturbüro der Gifhorner Stadtverwaltung:
Tel. 05371-88226
kultur@stadt-gifhorn.de


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