Schach
Eigene Fehler analysieren und immer locker bleiben: KURT-Praktikant Mattis Wittek findet Nervenkitzel im Schachverein Gifhorn
Mattis Wittek Veröffentlicht am 04.01.2025Strategie, Geduld, Konzentration: Schach ist das Spiel der Könige – und echter Nervenkitzel. KURT-Praktikant Mattis Wittek (14) wagt den Sprung ins Unbekannte: Er besucht einen Vereinsabend beim Schachverein Gifhorn. Erst spielt er gegen ein paar andere Jugendliche und kann sogar gewinnen, dann nimmt er am Blitzschachturnier der Erwachsenen teil und erlebt im Spiel gegen routinierte Schachspieler, was es bedeutet, Züge unter Druck zu setzen. Ein Abend voller Erfolge, Niederlagen und lehrreicher Tipps, der zeigt, dass Schach nicht nur Strategie, sondern auch ein Spiel der Ruhe ist.
Schach ist wie ein gutes Buch. Einmal begonnen, entfaltet es eine Geschichte voller Strategie, Drama und unerwarteter Wendungen. Ich spiele seit zwei Jahren, aber ein Vereinsabend? Das ist für mich ein neues Kapitel. Jürgen Dannehr, Jugendwart des Gifhorner Schachvereins und der beste Schachspieler, den ich kenne, lädt mich ein: Blitzschach-Turnier am Donnerstag. Der Countdown läuft.
In den Tagen vor dem Turnier dreht sich bei mir alles um Schach. Eröffnungen auf dem Brett probieren, Videos schauen, Partien gegen meinen Vater – meistens verliere ich. Jürgen rät mir am Telefon: „Schau Dir Deine Eröffnungen noch mal an und bring Dein Gehirn in Schwung. Sonst sitzt Du vorm Brett und weißt nicht, was Du tun sollst.“ Leichter gesagt als getan. Mein Kopf ist voll – und ich bin nervös.
Die Eröffnung
Am Donnerstagabend stehe ich also vor dem Vereinsheim. Eine Tür, ein Gang, eine Treppe – und dann bin ich drin. Helle, schlichte Wände, hellbraune Tische, darauf Schachmatten anstatt klassischer Bretter. Ein Ort, der Ruhe ausstrahlt, wie vor einem entscheidenden Zug. Jürgen empfängt mich herzlich. Ich kenne ihn schon von der Schach-AG an meiner Schule, der IGS Gifhorn. Mit seiner ruhigen Art nimmt er mir gleich ein bisschen die Aufregung.
Er stellt mir meine erste Gegnerin des Abends vor – ein Mädchen in meinem Alter, viel größer als ich, mit langem Haar. Nett sieht sie aus, aber ihre Figuren wird sie sicher nicht verschenken.
Das Spiel beginnt. Die Partie läuft ausgeglichen, ich spiele solide. Jeder Zug ist ein Balanceakt zwischen Angriff und Verteidigung. Meine Hände schwitzen, aber ich behalte die Nerven. Im Endspiel gelingt mir ein kleiner Coup: Mein Bauer wird zur Dame, kurz danach setze ich sie matt. Ich bin ziemlich stolz auf mich. Die nächste Partie gegen einen jüngeren Jungen läuft schneller – diesmal habe ich die Oberhand.
Während der Pausen beobachte ich die anderen Spieler. Einige murmeln leise über verpasste Chancen, andere gehen ihre Partien im Kopf noch einmal durch. Niemand wirkt enttäuscht oder wütend, Niederlagen gehören eben dazu.
Es ist faszinierend, wie jeder einzelne hier nicht nur spielt, sondern das Spiel wirklich lebt. Die Figuren scheinen nicht nur aus Holz zu sein, sondern für alle Bedeutung zu haben.
Jürgen gibt mir Tipps: „Setz Dich nicht unter Druck. Schach soll Spaß machen. Hauptsache, Du weißt, was Du tust. Niemand muss Eröffnungen auswendig lernen, die er sowieso nicht braucht.“ Gute Spieler erkenne man daran, dass sie Ruhe bewahren. Und dass sie – wie Jürgen – gelassen bleiben, auch wenn die anderen tausend Mal besser sind.
Blitzschach: Ein Feuerwerk aus Zügen
Es ist 19.30 Uhr. Das Vereinsblitzturnier beginnt. Hier wird nicht lang gefackelt: Nur ein paar Minuten pro Runde, dann wechselt der Gegner. Außer mir sitzen nur Erwachsene am Tisch. Ich bin sicher: Das überlebe ich nicht. Und tatsächlich, die meisten Partien enden früh. Mir fehlt die Routine, meine Uhr tickt. Ich rufe mir Jürgens Worte in Erinnerung: „Niederlagen sind der beste Lehrer. Guck Dir Deine Fehler an, mach‘s nächstes Mal besser. Locker bleiben.“
Einige Spieler wirken wie richtige Profis, sie ziehen die Figuren, als hätten sie jeden Zug schon zehn Züge im Voraus geplant. Andere verziehen keine Miene, egal, wie gut oder schlecht ihre Stellung gerade ist. Ich bewundere, wie ruhig und konzentriert alle bleiben, während ich innerlich noch nervös wie ein Schach-Anfänger bin. Zwischendurch frage ich mich, wie lange es wohl dauert, bis man so viel Gelassenheit entwickeln kann.
In der letzten Partie habe ich endlich Glück: Mein Gegner verliert seine Dame – und wenige Züge später gibt er auf. Ein Ehrenpunkt! Vielleicht ist es nicht der große Sieg, aber ein kleiner Triumph für mich. Die Freude über diesen Punkt nehme ich mit nach Hause. Der Vereinsabend ist genial. Niemand ist hier besserwisserisch oder unfair. Im Gegenteil: Die Atmosphäre ist total gechillt, und jeder gibt Tipps. Niemand wird ausgelacht, auch nicht, wenn man patzt.
Es gibt Spieler aller Altersklassen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die alle gemeinsam an ihren Partien feilen. Das Wichtigste, was ich an diesem Abend lerne: Schach ist ein Spiel für Geduldige. Es geht nicht darum, heute zu gewinnen, sondern morgen besser zu sein.
Nach dem Turnier klopft mir Jürgen auf die Schulter: „Du hast Dich gut geschlagen, Mattis.“ Es fühlt sich an wie ein Ritterschlag.
Ich bin jetzt jeden Donnerstag beim Gifhorner Schachverein. Mein Ziel: Nächstes Jahr beim Schulschachturnier den Pokal holen. Vielleicht kommen irgendwann größere Turniere – aber das hat Zeit. Bis dahin genieße ich die Turnierabende, die Tipps und die freundliche Stimmung. Der nächste Zug ist immer der wichtigste. Und ich bin bereit.
Schachverein Gifhorn
Ludwig-Jahn-Straße 10, Gifhorn
schachverein-gifhorn.de