Vereinsportrait

Die Männer turnen schon lange nicht mehr allein: Der MTV Gifhorn hat sich in 162 Jahren zum größten Verein im Kreis entwickelt

Redaktion Veröffentlicht am 24.02.2024
Die Männer turnen schon lange nicht mehr allein: Der MTV Gifhorn hat sich in 162 Jahren zum größten Verein im Kreis entwickelt

Ungefähr 2400 Mitglieder zählt der MTV Gifhorn von 1861. Sie teilen sich in viele, teilweise sehr erfolgreiche Sparten wie Fußball, Karate, Rollschuh und Inline-Skating sowie Triathlon auf.

Foto: Privat

Der MTV Gifhorn ist der größte Sportverein im Kreis und hält rund 2400 Mitglieder in Bewegung. Mit diesem Vereinsportrait kann Sport KURT die Geschichte, Leistungen und sportlichen Angebote nur skizzieren, denn in 162 Jahren Vereinshistorie blickt der MTV auf einen beachtlichen Teil der Weltgeschichte zurück. Was seit den Anfängen im Sinne des Turnvaters Jahn geschah und welche Möglichkeiten der Verein den Gifhorner Bürgerinnen und Bürgern heute bietet, haben wir für Euch zusammengetragen.

Vorläufer und Startschuss

Heute ist es kaum vorstellbar, dass eine sportliche Betätigung wie das Turnen im 19. Jahrhundert teilweise als „staatsgefährlich“ betrachtet und verboten wurde. Tatsächlich wurde der legendäre „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn von 1819 bis 1825 als Demagoge eingesperrt und bis 1840 polizeilich überwacht. Erst mit der Deutschen Revolution 1848 wendete sich das Blatt und der Turnsport konnte ungehindert betrieben werden.

In diesem Jahr gründeten einige Bürger Gifhorns einen Turnverein, der jedoch nicht lange hielt. Ein Jahr vor der Vereinsgründung rief der Mediziner Dr. Langenbeck, der später im MTV eine wichtige Rolle spielen sollte, einen Knabenturnverein ins Leben. Im Jahr 1861 war es dann so weit: Im Maschhaus, später als Brauhaus bekannt, trafen sich 20 Turnfreunde, um den „Männerturnverein zu Gifhorn“ zu gründen – der Beginn einer langen und bewegten Vereinsgeschichte. Zur zeitlichen Einordnung: Im Gründungsjahr des MTV Gifhorn brach gerade der amerikanische Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten aus.

Aus Männerturnen wird Sport für alle

Seit den Anfängen ging der Verein durch viele Höhen und Tiefen. Die Angebote und Sparten kamen und gingen, aber die Treue der Gifhorner ermöglichte es dem Verein, den Sportbetrieb – mit zwei kurzen Unterbrechungen – immer aufrecht zu erhalten. Heute bietet der Verein Bürgerinnen und Bürgern aller Altersgruppen mit 22 Sparten vielfältige Möglichkeiten, sich fit zu machen, gesund zu halten und sportliche Erfolge zu erringen. Das reicht vom Ballsport bis zu Angeboten, die in unserer Region überraschen, wie der Ski- und Snowboardsparte.

Himmelfahrtswanderung 1933: Kurz nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten sah der Verein mit dem späteren „Vereinsführer“ Emil Stern (unten links) bereits Unheil auf sich zukommen.

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Die Gifhorner Fußball-Geschichte begann vor 112 Jahren

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Gifhorn Fußball gespielt und zwar in der 1911 gegründeten Spieleabteilung, wie ein Versammlungsprotokoll belegt, in dem die Anschaffung von zwei Fußballtoren aufgelistet ist. Spielte der Fußball anfangs eine noch eher untergeordnete Rolle, fiel im Jahr 1949 der endgültige Startschuss mit der Gründung der Fußball-Abteilung unter Leitung von Erwin Kieselbach. Jetzt ging es stetig bergauf mit der inzwischen beliebtesten Sportart im Verein. Den vorläufigen Höhepunkt erreichten die MTV-Kicker in den 1970er und 1980er Jahren mit zwei Teilnahmen am DFB-Pokal und dem Aufstieg in die damals drittklassige Oberliga Nord im Jahr 1979. In dieser Blütezeit empfingen die Fußball-Herren im Sportzentrum Süd Mannschaften wie Bayer 04 Leverkusen, Holstein Kiel oder FC St. Pauli.

Heute wird in der Landesliga gekickt, und im Stadion an der Flutmulde mit ihrer schönen Tribüne mit rund 900 Sitzplätzen versammeln sich die MTV-Fans zahlreich zu Punkt- und Freundschaftsspielen. Weitere 1200 Plätze sind bereits vorhanden und sollen demnächst verbaut werden. Trotz des Abstiegs in diesem Jahr bleibt der MTV in Sachen Fußball eine Top-Adresse im Kreis. Die Grundlage hierfür bildet die Jugend- und Aufbauarbeit. Der sportliche Leiter Tobias Krull freut sich, dass im Jugendbereich, beginnend mit den jüngsten Bambini, alle Altersklassen besetzt sind und so auch in Zukunft noch viele Nachwuchskicker ihre Talente in den Verein und den Fußballsport der gesamten Region einbringen werden.

Hans-Georg Ohm überwand 1953 beim Stabhochsprung eine Höhe von drei Metern – mit einer Bambusstange und Landung im Sandkasten.

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Fußball ist nicht die einzige begeisterungsfähige Ballsportart

Neben dem Fußball haben andere Ballsportarten im MTV ebenfalls Tradition, zum Beispiel die Handball-Sparte, deren Gründung sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt. Heute wird beim Handball in erster Linie aus Spaß an der Sportart und zum gemeinsamen Miteinander von Mini-Maxis bis zu den Senioren gespielt: „Inklusion, Respekt und sportliche Fairness werden beim Handball gelebt“, unterstreicht Spartenleiter Christof Orth.

Kein ganzes, aber immerhin mehr als ein halbes Jahrhundert gehen die Basketballer im MTV auf Körbejagd: 1969 gegründet ist die inzwischen von Sven Kallweit und Frank Bühren geleitete Sparte gewachsen und hätte mit mehr Hallenkapazitäten noch weiteres Potenzial, um Erfolge wie den Aufstieg der Damenmannschaft 1996 in die Regionalliga zu wiederholen oder gar zu übertreffen. Dank einer „Windfall“-Situation strebt die 1. Herren-Mannschaft für diese Saison den Aufstieg in die Oberliga an.

Mehr als 150 Mitglieder zählt die Volleyball-Sparte. Aktuell in der Verbandsliga baggerten und pritschten sowohl die Frauen als auch die Männer vor einigen Jahren noch in der Regionalliga, woran der gebürtige Gifhorner Trainer Werner Metz sich gern erinnert. Zu den Leistungsteams gesellen sich zwei Jugendgruppen sowie eine Hobbygruppe. Sie alle haben einen Vorteil: Während im Sommer auf den Außenfeldern gespielt werden kann, fliegt der Ball in den kalten Monaten in der Halle.

Stolz mit Siegeskranz: Sportlerinnen und Sportler des MTV Gifhorn nahmen erfolgreich am Turnfest 1953 in Hamburg teil.

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Der jüngste Spross der MTV-Familie ist die Sparte Pickleball, eine Melange aus Tennis, Tischtennis und Badminton. Da der Ball mit moderater Geschwindigkeit über das Netz fliegt, ist diese Sportart besonders für Einsteiger geeignet, was junge und ältere Spieler gleichermaßen zu schätzen wissen und gern gegeneinander antreten. Die Spartengründung 2021 wurde noch in demselben Jahr mit Gold, Silber und Bronze bei den Deutschen Meisterschaften der Damen belohnt, obwohl die Spitzenspielerinnen nicht dabei waren, weil sie als Nummer 1 und 2 der europäischen Rangliste keine Gegnerinnen hatten. Inzwischen zählt die Abteilung mehr als 110 Mitglieder.

Fit werden und gesund bleiben

Neben dem Leistungsgedanken „Höher, schneller, weiter“, wie ihn beispielsweise die Sparte Leichtathletik seit einem guten Jahrhundert und mit inzwischen mehr als 50 Mitgliedern betreibt, ist dem Verein auch die Steigerung und Erhaltung der Gesundheit seit Anbeginn ein zentrales Anliegen. Das Credo, das sich bereits Turnvater Jahn auf die Fahnen geschrieben hatte, nämlich körperliche Leistung und Gesundheit miteinander zu verbinden, hat nichts von seiner Aktualität verloren. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts legte der MTV den Grundstein für gesundheitsfördernden Sport mit der damaligen „Altersriege“, deren Nachfolger die Abteilung Funktions- und Konditionsgymnastik darstellt. Zwanglos und immer mit Blick auf die Kameradschaft wird in fünf Gruppen in der Halle und im Freien trainiert; Ballspiele, Wanderungen, Paddeltouren oder der gemeinsame Stammtisch sind nur einige Beispiele für die verschiedenen Aktivitäten der fünf Gruppen unter der Leitung von Hans-Jürgen Wrensch. In dieser Abteilung gibt es vier Gruppen, die alle von der hauptamtlichen Übungsleiterin Svenja Kredtke betreut werden.

Der Gesundheitssport, ein Überbegriff für Reha- und Herzsport sowie für präventive Sportprogramme, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dem trägt der MTV Rechnung und wurde vom Deutschen Turner-Bund mit dem „Pluspunkt Gesundheit“ ausgezeichnet. Die Teilnahme ist privat möglich, kann aber auch per ärztlicher Verordnung in Anspruch genommen werden, erklärt Abteilungsleiterin Christina Del Giudice.

Damit die Knochen, Gelenke und allen voran die Wirbelsäule stark und stabil bleiben, legen sich die Teilnehmerinnen der Gymnastik-Abteilung unter Heike Helmers ordentlich ins Zeug, ob bei der klassischen Gymnastik oder dem ganzheitlichen Pilates. Neben den oft schweißtreibenden Übungen werden auch hier Spaß und Miteinander mit diversen geselligen Veranstaltungen großgeschrieben.

Bewegung hält fit – 1967 von Erwin Kieselbach gegründet hält die Bewegungsabteilung bis heute zahlreiche Mitglieder.

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Ob beim Silvesterlauf um den Schlosssee oder bei Radtouren in Schottland – die Bewegungsabteilung macht ihrem Namen alle Ehre. 1967 von Erwin Kieselbach ins Leben gerufen, bewegt die Sparte seitdem stets mehr als 40 Mitglieder in einem Alter von 50 bis über 80 Jahren, wobei Kameradschaft und Zusammenhalt ebenso zählen wie die Disziplin im Interesse der Gesundheit. Mit Cindy Jäger konnte der MTV eine Top-Trainerin gewinnen, die regelmäßig für eine volle Halle sorgt. Fitness und Gesundheit sollten bereits im Kindesalter auf den Weg gebracht werden, und das tut die Sparte Kinderturnen unter Anleitung von Ulla Kugelstadt, in der die jüngsten Vereinsmitglieder nicht nur zum Zuge, sondern auch zu Wort kommen. Vom Eltern-Kind-Turnen bis zu Ballspielen und Akrobatik wird den Jungen und Mädchen Gehör geschenkt. Da sie in die körperliche Betätigung mit alters- und entwicklungsmäßig verschiedenen Voraussetzungen starten, wird ohne Leistungsdruck gearbeitet; der Fokus liegt auf dem Spaß an Bewegung mit dem eigenen Körper, Turngeräten oder dem beliebten Ball. Zurzeit sucht der Verein eine neue Abteilungsleitung.

Der Kampf gilt nicht dem Gegner, sondern sich selbst

Kampfsport ist kein gewaltsames Gegeneinander, das ist allgemein bekannt. Der Respekt gilt dem Gegner, die Auseinandersetzung gilt sich selbst – so auch in den Kampfsportarten im MTV Gifhorn. Zu der Judo-Abteilung, die seit 1984 den „sanften Weg“ beschreitet, gesellt sich auch das Bujinkan, welches neun verschiedene Kampfkünste vereinigt. Seit 2019 gehört auch Karate zu den sportlichen Angeboten im Verein. Der renommierte Schwarzgürtelträger Fernando Torres trainiert alle Interessierten vom Kindesalter bis zur Leistungsgruppe und trägt seine Begeisterung für den japanischen Sport an sie weiter. Alex Garoufalidis, auch Schwarzgürtelträger, unterstützt nicht nur in der Karate-Abteilung, sondern leitet auch einen Kurs für Selbstverteidigung.

In Europa hat der Fechtsport eine Tradition seit der Antike, und im MTV gilt seit 1977 die Maxime: treffen, ohne getroffen zu werden. In der Fechtabteilung des MTV werden Jung und Alt am Florett und am Degen ausgebildet, um Bewegungsabläufe und Strategie, Koordination und Konzentration zu verbessern. „Jährlich veranstalten wir Wettkämpfe mit oft mehr als 100 Teilnehmern“, berichtet Spartenleiter Erik-Andreas Grosser. Allerdings ist die Veranstaltung in diesem Jahr ausgefallen. Mit Stichwaffen aufeinander loszugehen – ist das nicht gefährlich? Nein, weiß Grosser: „Das Fechten hat sich zu einer der sichersten Sportarten der Welt entwickelt.“

Sport trifft Kultur

Schon lange verbindet der MTV Gifhorn das sportliche Geschehen mit Kunst und Kultur. Das zeigt sich unter anderem mit der Gründung eines Fanfarenzugs im Jahr 1952. Mit der „Bühne im MTV“ baute der langjährige Vorsitzende Erwin Kieselbach 1968 endgültig die Brücke zwischen Kultur und Sport. Die heute als Kieselbach-Bühne bekannte Abteilung verzichtet auf schwere Theaterstoffe und amüsiert das Publikum lieber mit humoristischen und unterhaltsamen Stücken.

Der Rollkunstlauf steigert die Kondition, die Beweglichkeit und Koordination. Seit Anfang des Jahres hat sich diese Abteilung neu aufgestellt. Sie wird von Marion Krause geleitet, und die Kinder werden von Joe-Ann Naß trainiert. Bereits dieses Jahr werden die ersten Wettkämpfe mit dieser noch jungen Gruppe ins Visier genommen. Somit wird im Moment bei dieser Sportart auf eine Steigerung der Kondition, der Beweglichkeit und der Koordination geachtet.

Noch mehr Akrobatik bietet die Trampolin-Abteilung: Sechs bis acht Meter hoch erheben sich die Trampolin-Sportlerinnen und Sportler bei ihren spektakulären Sprüngen. „Das ist fast wie Fliegen“, verdeutlicht Abteilungsleiterin Natalie Hofmacher die Faszination ihrer Sportart.

Akrobatik, Athletik und Anmut verbinden die Cheerleaderinnen des MTV Gifhorn seit 2007.

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Galt das Cheerleading ursprünglich lediglich als eine Form, das eigene Sportlerteam anzufeuern, sind es inzwischen oft die Cheerleaderinnen selbst, die mit ihren Leistungen und Darbietungen für Applausstürme sorgen. Seit 2007 wird die Kombination aus Akrobatik, Athletik und Anmut im MTV für verschiedene Altersgruppen angeboten. Unter Aufsicht der Abteilungsleiterin Kerstin Pöhland und ihrer Tochter, Trainerin Lene Pöhland, konnte die Abteilung bereits überregionale Erfolge wie bei den Euro Cheer Masters erzielen. Dennoch soll weiterhin der gemeinsame Spaß an der artistischen Sportart im Vordergrund stehen.

Nicht zu verwechseln mit den Rollkunstläuferinnen sind die Inline-Skater, die sich scherzhaft „Geisterfahrer“ nennen, weil sie bei ihren rasanten Lauffiguren auf acht Rollen auch hin und wieder rückwärts unterwegs sind. Dabei steht die Sicherheit immer an erster Stelle. Ohne Helm und Gelenkschützer geht bei den Kindern und Erwachsenen im MTV niemand auf die Rolle.

Zahlen, Daten, Fakten

Der MTV Gifhorn hat zurzeit rund 2400 Mitglieder und betreibt 22 Sparten.

Der Vorstand

Erster Vorsitzender: Jürgen Saggerer
Geschäftsführer: Heiko Herzberg
Schatzmeister: Siegmar Liebig
Kinder- und Jugendwart: Torsten Fischer
Sportwart: Detlev Priebe

Sportstätten

Sportpark Flutmulde
Sportstätte Bleiche
Sportzentrum Nord
Sportzentrum Süd

Weiterhin werden zahlreiche Sportmöglichkeiten in der Allerwelle sowie an Gifhorner Schulen angeboten.

mtv-gifhorn.de


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