Musik
Die Hälfte übers Träumen verschwiegen: Der Braunschweiger Pop-Star Bosse hat ein neues Album veröffentlicht
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 17.11.2023
Bosse ist ein Star am Pop-Himmel. Sein neues Album „Übers Träumen“ vergisst aber, dass die Welt auch gut böse sein kann.
Foto: Sarah Storch
„Übers Träumen“ heißt das neue, bei Universal Music erschienene Album von Pop-Star Bosse. Die sauberen, unaufgeregten Produktionen des gebürtigen Braunschweigers springen sorglos in alle Halbgenres, wodurch jeder seinen Hit finden wird. Blöd nur, dass inhaltlich mutlos die Hälfte fehlt.
Zuerst das Gute: Bosses neuntes Album folgt auf den Kritiker-Liebling „Sunnyside“ nicht ohne eigene Stärken. „Ein Traum“ ist makelloser Industrie-Pop mit eingängiger Melodie und Dream-Pop-Sequenz. „Ice Cream Universe“ ist ein vollständiger Song, der fließt; ein eleganter, persönlicher Text, kein Fremdvokabular, ein effektiver Beatswitch. Definitiv der stärkste Track ist jedoch „Loslassen lernen“: schweres Piano, bedeutsame Bläser, Erkenntnispop, der sich mit dem größten Thema der Menschheitsgeschichte auseinandersetzt: Wie lasse ich los, wie verliere ich, wie gebe ich in Würde ab? Da applaudieren sicherlich Herbert, Udo und Marius aus der deutschen Legenden-Loge.
Doch es gibt auch das unvermeidlich Flache. Zeilen wie „Ich bleibe Ultra-Fan in Deiner Kurve“ („All-Time-Favourite“) erinnern an schlimmste Sportfreunde-Stiller-Momente. Auch braucht es keine Songs mehr über Berlin, an den See fahren und große Pupillen („Kreuzbergmädchen“). In „Royales Morgenblau“, einem Lied über vielseitige Armut, heißt es: „Für Euch soll es extra scheinen“ – und da möchte man dann seine Kopfhörer aus einem fahrenden Auto werfen, weil gegen Armut nicht Licht, sondern nur Geld hilft.
Die größte Schwäche ist aber eine andere: Bosse hat über das Träumen geschrieben. Es ist ein einseitiges Träumen, das alles ausspart, was Grimassen zieht, in dunkle Ecken führt, die nackte Angst spüren lässt, angreift, verunsichert, zerstört. Doch man kann über das Träumen nicht ohne den Albtraum schreiben.
Bosse: „Übers Träumen“
14 Songs, 41 Minuten
Streaming: Amazon Music, Apple Music, Deezer, Spotify
Auch erhältlich als CD, Vinyl und Premium Edition: axelbosse.de