Musik

Lara Siegrist aus Calberlah stürmt überraschend in die Charts – Als Lalibella schreibt und singt sie über das, was ihr auf dem Herzen liegt

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 07.03.2021
Lara Siegrist aus Calberlah stürmt überraschend in die Charts – Als Lalibella schreibt und singt sie über das, was ihr auf dem Herzen liegt

Die Open Stage im Gifhorner Kultbahnhof markiert den Start von Laras Solo-Karriere als Singer-Songwriterin Lalibella. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass aus dem Zwischenstopp Gifhorn Laras neue Heimat wurde.

Foto: Privat

Weil ihr das Tagebuchschreiben einfach nichts gab, begann Lara Siegrist damit, ihre Gedanken und Gefühle in Lieder zu gießen. Das machte sie zehn Jahre lang nur für sich selbst – bis sie es zögerlich wagte, damit auch vor fremde Ohren zu treten. Heute arbeitet die 28-Jährige aus Calberlah an ihrer dritten Single als Solo-Singer-Songwriterin unter dem Namen Lalibella, und mit ihrer Karriere geht sie ganz unerwartete eigene Wege. KURT erzählte sie außerdem von gezeichneten Gastronomie-Hilfen auf Instagram, dem Leben als Sängerin der Top-40-Coverband FunHouse, einer überraschend hohen Platzierung in den iTunes-Charts und dem Glück, im Rahmen ihrer Kunst immer wieder auf die richtigen Menschen zu treffen.

Einer dieser besonderen Menschen ist José Gonzalez, mit dem Lalibella ihre zweite Single „Am Tag zuvor“ produzierte und der auch den neuen Song „BMW“ mit ihr erarbeitet. „Ich finde gut, was er macht“, sagt Lara. „Es ist anders als meins.“ Dabei steckt Josés Arbeit als Produzent noch in den Kinderschuhen: „Er hat damit erst vor kurzem angefangen, ich habe ihn als Musiker kennengelernt.“ Und zwar mit der Latino-Pop-Band Moreiba, früher José y la Familia. Die Initiative zur Zusammenarbeit ging von ihm aus: Er sprach sie nach einem Gig bei der Kulturnacht in Wolfenbüttel an und fragte, ob sie bereit wäre, sich von ihm „zum Üben“ einen ihrer Songs produzieren zu lassen. Lara sagte zu. Damit ist José bereits ihr zweiter Produzent in drei Songs: Die erste Single „Abgehakt“ hatte Kai Hildebrand unter seinen Fittichen, Gitarrist bei der Genesis-Coverband „Geneses“ und Mitglied der Guitar-Academy. Und diesem Musiker hat Lara es überhaupt zu verdanken, dass sie den Weg von der Bühne in ein Aufnahmestudio wagte.

Mit der Cover-Band FunHouse stand Lara Siegrist drei Jahre lang als Sängerin auf den Bühnen unserer Region. Doch ihre eigenen Songs gaben ihr mehr und daher tritt sie heute vorerst nur noch solo als Lalibella auf.

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Aber der Reihe nach: Mit 16 begann Lara an eigenen Texten zu arbeiten. „Ich habe versucht, Tagebücher zu schreiben“, erzählt sie. „Das ist nicht mein Weg.“ Also versuchte sie es zunächst mit Gedichtfassungen ihrer Gedanken und strickte diese dann in Songabläufe um – und plötzlich hatte sie ihre Ausdrucksform gefunden. Die sie jedoch nicht für die Öffentlichkeit vorgesehen hatte: „Ich war nie der Meinung, dass ich das vor Leuten präsentieren kann – das war indiskutabel!“

Doch eines Tages kam es sehr wohl dazu: Im Jahre 2015 stieg sie bei der Top-40-Coverband FunHouse als Sängerin ein. Zu siebt bespielten sie die Bühnen der Region, drei Jahre lang war Lara mit an Bord. Irgendwann gab sie sich einen Ruck – „ein vorsichtiger Vorstoß“ – um ein erstes Feedback von Musikern zu bekommen. „Aber nicht lachen“, bat sie ihre Mitmusiker – und gab ihnen keinerlei Grund dazu. Im Gegenteil, sie bestärkten sie sogar darin, ihre eigenen Songs vorzutragen. „Ich bekam gutes Feedback“, freut sie sich. Dass dieses überhaupt positiv war, habe sie besonders überrascht.

Für Laras ersten Auftritt als Lalibella sorgte dann Volker Schlag mit der Open Stage in seinem Kultbahnhof. „Er hat mich gefragt“, erzählt sie. Daraufhin wagte sie mit einem dicken Kloß im Hals den Sprung ins kalte Wasser – und hatte direkt danach Anfragen für weitere Auftritte in der Tasche. Von da an erging es ihr immer so. „Das läuft alleine“, lächelt sie. „Ich habe ein, zwei Buchungsanfragen pro Gig.“

Auf Instagram initiierte Lara die Aktion „Dienstagsmaler“ und belohnte die Teilnehmenden mit tollen Gewinnen.

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Da wurde es Zeit für einen schweren Entschluss: Ihre Zeit ließ zwei parallele Musik-Karrieren mit Proben und Auftritten nicht zu, zudem hat sie inzwischen zwei Kinder – also wählte sie den Weg des Solo-Daseins. „An eigenen Songs hängt man mehr als an Coversongs“, erläutert sie. „Da tut sich nicht mehr viel, sobald man die drauf hat.“ Anders bei eigenen, die sie kontinuierlich entwickeln und denen sie unablässig neue hinzufügen kann. Für FunHouse indes bedeutete nicht zuletzt ihr Ausstieg das Ende, die Band löste sich 2018 auf.

So gab Lara alias Lalibella Konzert um Konzert „in cosy Atmosphäre“ und hin und wieder landeten Handyvideos von solchen Auftritten bei YouTube oder auf Facebook. Dort entdeckte der Braunschweiger Kai Hildebrand ihren selbstgedrehten Wohnzimmer-Clip zum Song „Phoenix“. Er schickte ihr eine private Nachricht – die Lara jedoch vorerst ignorierte, weil sie sie für Spam hielt. „Aber er war hartnäckig“, grinst Lara. Schließlich gab sie seinem Drängen nach, immerhin bot er ihr unkompliziert und kostenfrei ihre erste Studioerfahrung an. „Wir haben viele Songs ausprobiert, bis wir einen fanden, bei dem wir gut zusammenpassten.“ Das Ergebnis trägt den Titel „Abgehakt“ und ist Lalibellas erste Single. „Wir sind beide happy damit“, strahlt die Sängerin. Nicht zuletzt, weil sie damit in den Singer-Songwriter-Singles-Charts auf der Download- und Streamingplattform iTunes ganz überraschend Platz 26 belegte.

Für die Singles Nummer zwei und drei – „Am Tag zuvor“ und „BMW“ – tat Lara sich nun also mit José zusammen. Zunächst war Lara sich unschlüssig, ob sie aus dem neuen, den zwei bisherigen und zwei noch unveröffentlichten Stücken nicht gleich eine ganze EP herausbringen sollte. Sie wählte einen Zwischenweg: „BMW“ kommt im März als Download-Single und die Idee mit der EP verfolgen José und sie für einen späteren Zeitpunkt weiter. „Die könnte man durchaus pressen lassen in kleiner Auflage“, überlegt sie – ganz entgegen ihrer eigentlichen Haltung, sich zunächst ganz auf Downloads zu verlegen. Von der CD hält sie nämlich momentan nicht so viel. „Ich bin weg von der Datenträgeridee“, sagt sie. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mir das letzte Mal selbst eine CD gekauft habe.“ Als Singer-Songwriterin weiß sie, dass dem Publikum zumeist die gemütliche Stimmung ihrer Konzerte mehr wert ist als eine CD. Mit Ausnahmen natürlich: „Ich kann verstehen, dass es Leute gibt, die Interesse daran haben, aber ich zurzeit nicht.“ Gegenwärtig könne man Tonträger schließlich nicht bei Live-Auftritten anbieten. Und: „Wozu soll ich zwei Wochen auf eine bestellte CD warten, wenn ich den Download sofort haben kann?“ Trotzdem ist die Entscheidung noch nicht letztgültig gefallen.

Lara arbeitet an ihrer dritten Single – und will sich noch nicht letztgültig auf ein Konzept festlegen und in eine Schublade stecken lassen.

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Ebenso unangepasst ist Lara beim Thema YouTube. Auf der Videoplattform toben sich Newcomer in der Regel nach Herzenslust aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Lara produzierte lediglich 2019 einen geforderten Teaser für die Vorentscheidung eines Wettbewerbs in der Wolfsburger City-Galerie – bei dem sie zu ihrer Freude den dritten Platz belegte. Abgesehen von den besagten Handyvideos findet sie auf YouTube nicht in Videos statt, man sieht lediglich die Singlecover, während die Songs spielen. „Das war eine wirtschaftliche Überlegung“, erläutert Lara. Ihr erster Produzent Kai regte nämlich den Gedanken an, im Zuge einer ersten Single die Energie auf die Musik zu konzentrieren und die nicht auf Videos zu verschwenden.

Wie bei der CD ist auch diese jedoch keine endgültige Entscheidung: „Es ist bestimmt ganz nett irgendwann mal.“ Doch grundsätzlich findet sie: „Meine Lieder sind textlastig, es geht um Texte, nicht um fette Bilder.“

Ihre Texte verfasst Lara auf Deutsch und behandelt darin – wie in einem Tagebuch – Themen, die sie bewegen. „Abgehakt“ thematisiert Verlustängste, „Am Tag zuvor“ das Drüber-Hinwegkommen und in „BMW“ singt sie davon, „wie Orte, Straßen oder Autos für immer mit jemandem assoziiert bleiben, der schon längst nicht mehr im eigenen Leben stattfindet“. Ihre noch unveröffentlichten Lieder behandeln Subjektivität, wie es ist, wenn die Chemie zwischen zwei Leuten nicht passt sowie den Tod und Ratlosigkeit.

Musikalisch ist Lara sehr daran gelegen, im Studio die Songs nicht überzuproduzieren. „Ich bin bemüht, pure zu bleiben“, den Liedern dennoch eine eigene Version zu verleihen, die sie von den Handy-Live-Videos unterscheidet. Lara selbst spielt Gitarre und singt, sogar die Chöre stammen von ihr. Bei der ersten Single übernahm ein Drumcomputer das Schlagzeug, bei der zweiten und dritten ließ José einen seiner Musiker trommeln und übernahm andere Instrumentalparts selbst, etwa den Bass.

Auch live ist Lara allein. „Ich habe keine Band.“ Sie möchte die Lieder live problemlos reproduzieren können – „mit einem Looper“ – und überlegt zum dritten Mal, ihr Konzept womöglich zu überdenken. „Oder doch mit einem Musiker, zum Beispiel einem Keyboarder.“

Auch bei Instagram ist Lara unablässig in Bewegung. Dort entwickelte sie als Werbung für „Am Tag zuvor“ im November eine besondere Aktion: die „Dienstagsmaler“. Jeden Dienstag stellte sie ein abfotografiertes selbstgezeichnetes Bilderrätsel online. Der erste, der die gesuchte Phrase erriet, erhielt von ihr ein „herbstliches Überraschungspaket“ – bestehend aus dem Download-Code zur Single sowie einer Handcreme, einem Tee oder etwas ähnlichem.

Die Antwort zum ersten Rätsel ergab das Veröffentlichungsdatum der Single, als Satz „Neue Single am...“. Für „Neue“ zeichnete Lara einen alten Mann mit einem Umkehrzeichen, für „Single“ ein Paar, bei dem eine Person durchgestrichen war, und so fort. Vier mal vor dem Release richtete sie solche Rätsel aus, und als die Aktion eigentlich gelaufen war, erhielt sie plötzlich lauter Rückmeldungen von Teilnehmern, die weiterspielen wollten.

„Also habe ich überlegt: Wer kann Unterstützung gebrauchen?“, erzählt Lara. Da kam sie sofort auf die gebeutelte Gastronomie. Ihre Idee war, dass Gastronomen kleinere Gutscheine bereitstellten. „Ein Döner, ein Fünf-Euro-Gutschein – als Anreiz, dass die Leute hingehen und für andere etwas mit abholen.“ Die Gastronomen, die sie anschrieb, waren sofort Feuer und Flamme, ihre Instagram-Follower ebenfalls. „Die ersten zwei, drei Wochen hat das gut geklappt, doch dann ging die Beteiligung deutlich zurück“, bedauert Lara. Immerhin drei Gewinner ermittelte sie noch, allesamt zufällig aus der Region – obwohl unter ihren 3500 Followern auch einige aus Österreich und der Schweiz sind.

Zurzeit ruht das Spiel aus Mangel an Teilnahme und wegen der Corona-Einschränkungen. Aber immerhin entdeckte Lara bei der Recherche selbst Lokale, die sie nach dem Lockdown gern ausprobieren möchte.

Und zu entdecken hat Lara noch eine Menge, denn sie lebt erst seit 2014 in Calberlah. Ursprünglich kommt sie vom Mittelrhein – aus St. Goar – und zog der Ausbildung wegen in den Landkreis Gifhorn. Gegenwärtig ist sie dabei, sich im Baugewerbe selbständig zu machen – und das parallel zu Studioarbeit und Familienleben. Dabei hatte sie ganz andere Pläne. „Ich dachte, Gifhorn wäre nur ein Zwischenstopp – und weiter“, sagt Lara. „Und dann fanden wir es so cool hier, dass wir geblieben sind.“

Lalibella
Aktuelle Single: „Am Tag zuvor“
Geplante Single: „BMW“
www.lalibella.de


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