Musik

Ich werde dieses Gefühl von Freiheit nie vergessen: Techno-Musiker Lukas Klein hängt mit seinem Herzen noch immer in Gifhorn

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 04.07.2023
Ich werde dieses Gefühl von Freiheit nie vergessen: Techno-Musiker Lukas Klein hängt mit seinem Herzen noch immer in Gifhorn

Lukas Klein ist Techno-Musiker. Inzwischen wohnt er in Lübeck. „Doch mein Herz wird immer in Gifhorn sein“, sagt der 26-Jährige.

Foto: Lukas Klein

„Mein Herz wird immer in Gifhorn sein“, sagt Techno-Musiker Lukas Klein. Für den 26-jährigen Neu-Lübecker ist die Musik neben Fotografie, Malerei und Schreiben nur eine von vielen Ausdrucksformen. Aktuell bringt er im Sechs-Wochen-Takt einen neuen Teil einer vierteiligen Song-Reihe namens „Quantum“ heraus. Dabei geht er wie bei allen seinen Ausdrucksformen vor, er fügt aus kleinen Einzelteilen ein großes Ganzes zusammen. Wer ihn musikalisch inspiriert, wie es damals im Sommer auf dem Koppelweg war und wie sich seine Auftritte vom üblichen Auflegen unterscheiden, erzählt er KURT.

Wie beim Lego-Bauen früher geht Lukas Klein auch an seine Kunst heran: „Dieses Zusammenfügen von etwas Kleinem zu etwas Großem, zum Beispiel Farbpixel, die sich zu einem Foto ergänzen“, schwärmt er. „Oder musikalische Elemente, die sich zu einem Track verbinden – wenn man etwas von Grund auf zusammensetzen kann, macht das Freude.“

Auf diese Weise entstanden auch die vier „Quantum“-Tracks. Ursprünglich hatte Lukas vor, diese vier Tracks zusammen zu veröffentlichen, weshalb er „Quantum“ auch als zusammenhängendes Projekt auffasst, doch stattdessen bringt er die vier Stücke versetzt heraus. „Man kann jedes Mal neue Aufmerksamkeit generieren, wenn man sie aufsplittet, anstatt einmalig alle herauszubringen“, erläutert er. „So ist das eben in Zeiten von Social Media.“

Die „Quantum“-Titel teilen sich ein monochromes Cover, das Lynn Ruberg entwarf, eine Grafikerin aus Nordrhein-Westfalen. Pro Song sind die Cover unterschiedlich eingefärbt. Die drei ersten Singles „Gravity“, „Mechanics“ und „Entanglement“ sind bereits erschienen, „Interference“ folgt bis Ende Juli. Die Titel wählte Lukas nicht zufällig, ebenso den Überbegriff: „Du kannst vor jedes Wort ‚Quantum‘ hängen“, erklärt er. Dabei handelt sich um Begriffe aus der Quantenphysik – entsprechend spacig klingt der Minimal Techno des gebürtigen Gifhorners.

Und er hat noch ein weiteres Ass im Ärmel: Mit „Ionize“ erscheint Anfang September ein weiterer Track – inklusive eines Remix des Techno-Künstlers Till Moninger aus Karlsruhe.

Es fällt auf, dass die neuen Tracks, die Lukas nach drei Jahren Pause veröffentlicht, minimalistischer, reduzierter erscheinen als frühere EPs wie „Superposition“, „Betelgeuse“, „Antares“ oder „Magnitude“. „Ich weiß nach über zehn Jahren ein bisschen, worauf ich den Fokus während der Produktion setzen sollte. Und ich weiß, welchen Sound ich letztendlich haben will – und auch, wie ich dahin komme.“

Der Synthesizer Moog Mother-32 findet sich bei Lukas Klein im Studio. Dieser hat den Sound des gebürtigen Gifhorners maßgeblich geprägt.

Foto: Lukas Klein

Vier Tracks, allesamt länger als sechs Minuten – da böte sich eine Vinyl bestens an, findet Lukas: „Die Preise für eine Pressung in Kleinserie wären jedoch extrem hoch.“ Die hohe Investition gilt für CDs nicht weniger, doch läge ihm Vinyl mehr am Herzen, allein schon wegen der Haptik. „Aber um den Verkauf von Platten geht es mir ja nicht“, betont er. „Ich mache Kunst, um Kunst zu machen. Ich bin einfach so. Ich muss das machen. Und das ist gut so.“

Entstanden sind die Tracks noch vor der Pandemie. Zu dieser Zeit besaß er noch seine analogen Synthesizer von Moog und Korg, die seinen Sound maßgeblich prägten. Zur Musikproduktion nutzt Lukas Klein das Programm Ableton Live. Auf die Idee brachte ihn Paul Kalkbrenner, der das Programm im 2008 erschienenen Spielfilm „Berlin Calling“ nutzt. Stilistisch beeinflusste ihn außerdem der bayerische Musiker Recondite. Und der Bremer Techno-Produzent Stephan Bodzin inspirierte ihn zum Kauf eines Moog Sub 37, der Lukas‘ Stil maßgeblich prägen sollte.

Dennoch trennte Lukas sich 2021 von seinem Equipment und ließ alles hinter sich. „Ich musste einfach raus“, sagt er. „Ich hab‘ mir das Auto geschnappt und bin losgefahren.“ Sein Weg führte in den hohen Norden, nach Norwegen. Als Zwölfjähriger lernte er das Land im Familienurlaub kennen und lieben. Vier Monate lang war er in Skandinavien unterwegs, unter anderem in Oslo, am Steinsetfjorden bei Valdres und auf einer Farm nördlich von Trondheim, dann in Dalarna und Stockholm in Schweden. Seine Liebe für Europas Norden entflammte neu: „Jetzt fahre ich jedes Jahr hin, um alte Freunde zu besuchen.“

Lukas lebt seit seiner Rückkehr in Lübeck. Dort macht er nun nämlich ein Volontariat beim Reise- und Offroadmagazin „Explorer“. „Für mich ergibt das Sinn, da ich so das Thema Reisen und meinen Bachelor-Abschluss der Medienwissenschaften verbinden kann“, findet Lukas. „Außerdem ist Lübeck einfach wunderschön – ich bin sehr dankbar, in einem Unesco-Weltkulturerbe leben zu dürfen.“

Diese Aufnahme von Techno-Musiker und Fotokünstler Lukas Klein trägt den Titel „miniaturwunderland brücke licht schatten“.

Foto: Lukas Klein

Seit seiner Kindheit lebte der gebürtige Gifhorner in Triangel. „Klingt wie das Schlaginstrument – das passt doch, so als Musiker“, scherzt er. Und erzählt: „Ich habe sehr viel Zeit am Schlosssee verbracht.“ Lukas schwelgt in Erinnerungen an die Koppelwege im Hochsommer, die er gemeinsam mit seinen Freunden in Richtung Tankumsee entlangfuhr: „Irgendwer hatte immer eine Bluetooth-Box, wir waren 16, 17, alle jung und wild, der lange Koppelweg, die Sonne – ich werde dieses Gefühl von Freiheit und die lachenden Gesichter nie vergessen.“ Lukas sinniert: „Irgendwie war ich immer auf dem Weg zum Wasser, auch hier in Lübeck – die Verbindung zum Wasser bedeutet mir viel.“ Daher komme auch der Drang nach Norwegen: „Wenn das Wasser ruft, mache ich mich auf den Weg.“

Eine Electro-Szene habe es in Gifhorn damals aber kaum gegeben, blickt Lukas zurück. Höchstens den Keller eines Kollegen, der eine Bar hatte: „Das war wortwörtlich underground.“ Sein erster Club, in den Lukas ging, war das Brain in Braunschweig, dort knüpfte er Kontakte zum Laut-Klub, ebenfalls in Braunschweig. „Es wurden immer mehr gute Freunde“, schwärmt er. „Das war eine echt gute Zeit, ich habe tolle Leute kennengelernt, viele Künstler, mit denen man sich austauschen konnte – der Laut-Klub ist für mich ein Stück Heimat.“

Lukas spielt übrigens nicht als DJ, sondern als Live-Act. Wenn er auftritt, schleppt er so einiges an Technik mit: Auf einem zentralen Steuergerät hinterlegt er einzelne Elemente seiner Tracks und setzt diese live neu zusammen – wie ein Lego-Modell eben. „So kann ich auf der Bühne einen Live-Remix meiner Tracks bauen – und das total intuitiv“, erklärt der Künstler. Mit einem klassischen DJ-Setup könne er gar nicht spielen. „Ich habe es immer so gemacht und bin da quasi reingewachsen – jetzt bleibe ich auch dabei, so fühlt es sich einfach richtig an.“

Doch nach all den Jahren in der Clubszene, tausenden zurückgelegten Kilometern im fernen Skandinavien und einem Umzug in die Hansestadt Lübeck ist für Lukas Klein weiterhin klar: „Mein Herz wird immer in Gifhorn sein.“

„Quantum“-Singles:
„Gravity“, 8:16 Minuten
„Mechanics“, 6:00 Minuten
„Entanglement“, 7:51 Minuten
„Interference“, 12:22 Minuten

lukasklein.media
Instagram: @lukasklein.media


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