Turnen

Erfolg bemisst sich mit mehr als nur einem Treppchen: SSV-Kästorf-Turntrainerin Kira Wrede spricht im Interview über ihre Berufung und Ziele fürs Team

Katrin Hoffmann Veröffentlicht am 08.02.2024
Erfolg bemisst sich mit mehr als nur einem Treppchen: SSV-Kästorf-Turntrainerin Kira Wrede spricht im Interview über ihre Berufung und Ziele fürs Team

Kraft, Körperspannung und Beweglichkeit – darauf achtet SSV-Trainerin Kira Wrede bei Amalia Greb und allen anderen Turnkids in Kästorf.

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Anette und Kira Wrede – ihre Namen sind untrennbar mit der Entwicklung und dem Höhenflug im Kinder- und Gerätturnen des SSV Kästorf verbunden. Ein anhaltender Fortschritt, der nun mit der Ernennung zur NTB-Turnschule gekrönt wurde. Im Interview mit Sport-KURT-Autorin Katrin Hoffmann blickt Kira Wrede zurück auf die erfolgreiche Zeit seit 2010 und verrät die Pläne und Ziele für die kommenden Jahre.

Kira, zusammen mit Anette engagierst Du Dich seit 2010 für das Kinder- und Gerätturnen im SSV Kästorf. Wie hat sich das Turnen in dieser Zeit im SSV entwickelt?
Anette hat 2010 den Verein gewechselt und das Kinderturnen beim SSV übernommen. Damals gab es nur das Angebot einmal in der Woche, zwei Gruppen nacheinander. Ich habe damals mit 13 Jahren meinen Übungsleiter-Assistentenschein gemacht und angefangen, im Verein zu helfen. Wir haben beide selbst aktiv geturnt und das Training an den Geräten vermisst. So haben wir den gesamten Bereich Gerätturnen 2012 ins Leben gerufen.

Seit 2014 werden es mehr Gruppen, die Qualität des Trainings steigt stetig und die ersten Turnerinnen fangen an zu helfen. Im 2022 hatten wir die erste Landeskaderturnerin.

Vor allem durch die Umstrukturierung der Wettkampf-inhalte mit den G-Stufen und meiner B-Lizenz-Ausbildung haben wir einen großen Sprung gemacht. Aus dem Kinderturnen 2012 ist bis 2024 Kinderturnen, Gerätturnen im Breitensport, leistungsorientierteres Gerätturnen und Nachwuchsförderung geworden.

Dafür steht Ihr jede Woche 15 und 18 Stunden in der Sporthalle, organisiert nebenbei noch Teamevents und Trainingslager. Was treibt Euch an, das alles ehrenamtlich neben einem Job beziehungsweise Studium zu tun?
Für mich ist es vor allem eine Möglichkeit, meiner Leidenschaft, dem Turnen, nachzugehen. Das Turnen begleitet mich schon mein ganzes Leben. Ich bin immer gerne zum Turnen gegangen, ich konnte ja auch viele Erfolge sammeln und habe schnell Elemente gelernt. Aber ich war nie besonders ehrgeizig bei Wettkämpfen. Wahrscheinlich habe ich für mich damals schon unbewusst Erfolg nicht an den Wettkampfergebnissen gemessen.

Für mich als Kind war das Training immer cooler und aufregender als die Wettkämpfe. Das ist auch eine Philosophie meiner Trainerwerte, die ich versuche, an meine Turnerinnen weiterzugeben.

Leistungen sind also wichtiger als Medaillen?
Klar freue ich mich für die Kids, wenn sie auf dem Treppchen landen. Aber für mich ist es viel entscheidender: Haben die Übungen so geklappt, wie wir sie im Training vorbereitet haben? Konnten wir uns weiterentwickeln und neue Elemente zeigen? Sind die Turnerinnen mit sich selbst zufrieden und stolz auf ihre Leistungen?

Turnen ist super subjektiv und wird durch menschliche Betrachtungen entschieden. Deshalb bin ich noch der Meinung, dass es andere Anhaltspunkte geben sollte, um seinen eigenen Erfolg zu definieren.

Anette und Kira Wrede – der Erfolg in der Turnsparte des SSV Kästorf trägt ihre Handschrift.

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Was bedeutet Dir die Arbeit als Turntrainerin?
Durch meine Trainertätigkeit habe ich schon so etwas wie meine Berufung gefunden. Nur, dass ich von der bisher nicht leben kann. Ich finde es toll, gemeinsam mit den Turnkids an Aufgaben zu wachsen und sie durch ihre Kindheit zu begleiten. Es gibt mir sehr viel, wenn ich sehe, welche Fortschritte die Turnerinnen mithilfe meiner Ideen machen und wie sie sich weiterentwickeln – sowohl sportlich als auch als Mensch. Eine meiner Hauptmotivationen ist es, etwas zurückzugeben und den Kids eine tolle Zeit zu ermöglichen. Ich habe durch diesen Sport und besonders durch die Events außerhalb des Wettkampfbetriebes so viele tolle Erfahrungen machen und aktiv lernen dürfen. Ich bin überzeugt, dass mich der Vereinssport mehr geprägt hat als die Schule. Und nur, wenn wir uns alle engagieren und mithelfen, gelingt es uns, wichtige Werte an die zukünftige Generation weiterzugeben.

Mit der Ernennung als NTB-Turnschule des Niedersächsischen Turner-Bunds wird Eure Nachwuchsarbeit gewürdigt. Wie geht es damit für Euch weiter?
Ich bin immer mit der Intention an den Start gegangen, die Turnerinnen sportlich auszubilden und sie dabei zu unterstützen, dass sie ihre Stärken finden und weiterentwickeln. Dass unsere Nachwuchsarbeit so gewachsen ist, ist eher ein Ergebnis unserer Arbeit als eine bewusst getroffene Entscheidung.

Vielleicht lässt sich unsere Entwicklung und die dadurch gewachsene Nachwuchsarbeit vor allem durch unseren Background im Kinderturnen erklären. Das Leistungsturnen hat aus meiner Sicht den großen Schwachpunkt, dass sehr lange die sportliche Ausbildung über der kindorientierten Entwicklung gestanden hat.

Das Kinderturnen wird besonders als notwendige Basis für den Leistungssport immer noch sehr unterschätzt und als Daddeln abgetan. Die Leitlinien und Kerninhalte sind eine entscheidende Komponente, um gesunde Sportlerinnen auszubilden. Nicht ohne Grund gibt es den sehr ollen Spruch: „Das Kinderturnen ist die Kinderstube des Sports.“ Das versuche ich immer wieder in unseren Trainingsalltag zu integrieren.

Was habt Ihr für Pläne und Ziele mit der Turnschule?
Mein Ziel mit der Turnschule ist es, mehr Aufmerksamkeit für unsere Arbeit zu erreichen und somit auch die Wichtigkeit unserer Arbeit für den Raum Gifhorn besser zu platzieren.

Für die nächsten Jahre wünsche ich mir, dass wir durch eine bessere finanzielle Lage und personelle Aufstellung den Gifhorner Talenten noch bessere Möglichkeiten bieten. Dass sie ohne lange Fahrzeiten in Turnzentren eine Chance haben, ihre sportlichen Ziele zu verfolgen.

Außerdem erhoffe ich mir, dass wir in den kommenden Jahren noch mehr Kindern eine entwicklungsgerechte Ausbildung im leistungsorientierten Gerätturnen ermöglichen können. Dafür wollen wir vor allem auch am Unterbau und den Möglichkeiten für die Vorschulkinder arbeiten.

Für die sportliche Ausbildung und persönliche Weiterentwicklung der Turnerinnen sorgen beim SSV Kästorf insgesamt zehn Trainerinnen.

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Was ändert sich für die Turnerinnen, wenn sie es in den Landeskader schaffen?
Wie groß die Veränderung für die Turnerin ist, hängt sehr von ihr selbst und der Unterstützung und den Vorstellungen des jeweiligen Elternhauses ab. Die Turnerinnen haben durch ihren Landeskaderstatus automatisch ihre Qualifikation zu den Landeswettkämpfen sicher – einfach eine Sicherheit, wenn es in den Quali-Wettkämpfen mal nicht rundläuft. Die Turnerinnen bekommen einen Turnanzug geschenkt, sie nehmen an Lehrgängen teil und erhalten ein zusätzliches Training im Leistungszentrum. Durch das gemeinsame Trainieren mit Kindern auf höherem Leistungsniveau werden neue Ziele in Angriff genommen und der Ehrgeiz wird gefördert. Es ist schließlich auch eine Anerkennung für ihre Erfolge im vergangenen Jahr.

Ihr habt einen Wunsch frei: Was könnte Eure Arbeit im Verein noch verbessern?
Bessere finanzielle Möglichkeiten sowohl in der Trainerhonorierung als auch zur Anschaffung von Geräten sowie Abnahme von Aufgaben außerhalb der eigentlichen Trainingsstunde.

Unser größter Wunsch ist nach wie vor eine eigene Turnhalle, die uns das Auf- und Abbauen der Geräte abnimmt – das ist meiner Meinung nach das Nervigste an dem Trainerjob – sowie ein ganzjähriges Training, ohne Hallenschließungen in den Ferien.


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